10.07.1996
Also, heute bin ich noch schnell und ohne Kind in den Supermarkt um die Ecke gegangen. Da ist es zwar etwas teurer, aber dafür ist er wie
gesagt direkt um die Ecke. Es war 18 Uhr und für ein exzellentes Sösschen für die Nudeln brauchte ich noch Gorgonzola. Ich stand bald vor
der Käsetheke, kein Kunde vor mir dran - aber auch keine Verkäuferin in Sicht. nach einer Weile rief ich "Hallo!", was aber niemanden störte.
Ich rief wieder "Hallo!" - nichts. Macht nichts, ich ging zur Fleischtheke, wo nach kurzem Rufen jemand mit charmantem "Ja doch, ich kann
ja nicht fliegen!" antwortete. Sie kam ziemlich erbost , daß ich um die Zeit noch störte um die Ecke und als ich dann sagte, daß ich gerne Käse
kaufen wollte, war sie so richtig sauer. Dies sei schließlich die Fleischtheke, wenn ich Käse wollte, sollte ich zur Käsetheke. Daß da keine Verkäuferin
war, sei nicht ihr Problem, ich sollte mal in den Gängen suchen und fragen. Etwas entnervt schob ich meinen Wagen zur Kasse und
hielt Ausschau nach Käseverdächtigen Verkäufern. Ich rechnete mir reelle Chancen aus, sie am Geruch zu erkennen... Ich fand zwei Verkäuferinnen,
die gerade ein Regal bestückten und tatsächlich, die eine war die tüchtige Käseverkäuferin - nur leider gerade dabei ein Regal zu bestücken
und nicht gewillt, mir an die Käsetheke zu folgen. Ich besaß die Frechheit, nach kurzer Wartezeit an der Käsetheke zu ihr zurückzukehren,
was sie mit einem entnervten "Ich komm ja gleich!!!" beantwortete. "Nö, wenn ich mich beeile, schaffe ich es noch zur Konkurrenz!" flötete
ich und ging zur Kasse durch. Tja, danach war ich echt blöd genug, meine Taschen zum weiter entfernten Supermarkt zu schleppen, um
dort noch ein winzig kleines Stückchen Gorgonzola zu erstehen. Natürlich regnete es auf dem Rückweg... "She works hard for her money..."
Irgendwann sollte ich mich fügen. Ich bin Kunde in Deutschland! Ich sollte endlich begreifen, daß ich nicht erwarten kann, daß den Verkäufern
ihr Job Spaß macht, oder sie auch nur so tun, als würde es ihnen Vergnügen bereiten, mir etwas zu verkaufen. Oh, geht einmal in den USA
in einen Supermarkt! Man kommt sich schier verarscht vor angesichts der hilfsbereiten, freundlichen Angestellten. Der deutsche Tourist
klammert sich an seine Handtasche und kann es nicht fassen - die Verkäuferin grüßt freundlich und sagt "Danke!" wenn man bezahlt - die Waren
werden nicht achtlos weitergeschoben, verbeult oder aufgerissen, während man selber verzweifelt versucht möglichst schnell und möglichst passend
zu bezahlen - nein, man bekommt alles in Tachen verpackt, die einem dann mit einem Lächeln und der Bitte, bald wieder zu kommen, überreicht
werden. Ich hasse unsere Supermärkte! Planer deutscher Supermärkte müssen Spaß daran haben, einem das Einkaufen zum Horrortrip zu gestalten!
Sie brauchen keine Konkurrenz zu fürchten, da sich in der Idee, die Kunden zu verärgern, alle einig sind. In allen Supermärkten sind die
frischen Waren hinter den alten versteckt. In allen Supermärkten wurde die Bedienung an den Obst- und Gemüsetheken abgeschafft. In allen
Supermärkten wartet an der Kasse der Süßigkeitenberg, dem die wenigsten Kinder ohne Tränen widerstehen können. In allen Supermärkten
steht man Stunden an. In allen Supermärkten ist man einfach nur froh, wenn man endlich wieder draußen ist! Es werden doch immer clevere
Geschäftsideen gesucht! Wie wäre es denn mit der folgenden Marktlücke: Supermärkte, in denen das Einkaufen fast Spaß macht?
Ach ja, träum weiter...