Es war einer dieser Tage, an denen man eine Stunde zu spät geht.
Wie eine Uhr, die unermüdlich tickt, aber eben alles eine Stunde zu spät.
Und als ich meine schon wieder noch kürzeren Haare gerade trockenfönte - 1 2 3 und fertig ... stand meine Tochter plötzlich blutverschmiert grinsend vor mir. Triumph in ihren Augen, Blut in ihrem Gesicht.
Ganz kurz bangte ich um ihr über alles geliebtes Brüderchen (laß das los, das ist meins! Maaaamaaaa!), bis ich in ihren zarten Fingerchen ein weißes Klümpchen sah. Aha, wieder ein Zahn weniger.
Ich überliess es unserem Babysitter, Oliver zu trösten und davon abzuhalten, sich mit Gewalt einen Zahn auszureissen, weil die Zahnfee des Nachts nun wieder ein Geschenk unter Michaelas Kopfkissen, nicht aber unter seines legen würde und entschwand in die Stadt.
Sehr viel später befand ich mich wieder auf dem Heimweg und merkte, wie mir kleine Flügelchen wuchsen.
Ich brauche noch nicht einmal eine Telefonzelle, um mich in die Zahnfee zu verwandeln - Frauen haben halt einfach mehr drauf!
Aber ich war eine traurige kleine Zahnfee, eine Zahnfee ohne Geschenk - bis ich einen Kiosk entdeckte, der unter anderem die Geolino in seinem Angebot hatte. Ja, die pädagogisch wertvolle Zahnfee ignorierte selbstredend die Süßigkeiten.
Endlich daheim schlich die Zahnfee in das Schlafgemach meiner Tochter, rollte sie energisch zur Wand und schaute unter das Kopfkissen.
Nicht, daß der beste aller Ehemänner ihr ins Handwerk fuschte und das Kind zu seinem Befremden 2 Geschenke fände.
Sicher wären viele, viele Therapiestunden nötig, um das dadurch gestörte Urvertrauen des Kindes wieder aufzubauen.
Kein Geschenk unter dem Kissen - ist halt doch ein gedankenloser Rabenvater ... - Geolino drunter, Kind wieder auf das Kissen rollen und lautlos verschwindet die Zahnfee in der Küche und überzieht noch eben einen Teddybär-Kuchen mit Kuvertüre. Was Mütter tagsüber nicht schaffen, machen sie halt mitten in der Nacht. Und dann verschwand die Fee in ihrem Bettchen.
Der Morgen begann (viel zu früh) mit eigentümlichen Triumphgeschrei - nein, nicht noch ein Zahn, aber stellt Euch mal vor:
Des Nachts war mein Töchterlein erwacht, auf die Toilette gegangen und fand auf dem Rückweg einen Euro unter ihrem Kopfkissen (pädagogisch eher sinnloser, liebloser, materieller Zahnfeeerich ...) und heute morgen war da dann auch noch die Zeitschrift!
Und wißt Ihr noch was?
Ich wette, sie weiß schon seit einigen Zähnen absolut bescheid über Zahnfeen und Zahnfeeerische und tut nur so, als würde sie an uns glauben, um Geschenke zu kassieren.
Das Feendasein ist nicht mehr das, was es mal war ...
