
von sterbenden Autos und braven Jungs

Natürlich gibt es die Göttin der kleinen Dinge nicht wirklich und die kleinen Aussetzer unseres
Autos haben weniger mit ihr, als mit seinem Alter zu tun. Auch die Geschichte mit den Türschlössern
ging noch weiter.
Für Regina habe ich eine wunderfeine Wohnung gefunden, die ich ihr zeigen wollte. Telefonisch hatten
wir vorher vereinbart, daß ich bei ihr nur klingeln und dann im Auto auf sie warten würde,
damit ich keinen Parkplatz suchen müßte. Als ich aber zu ihr kam, war da diese große
Lücke, weit und breit kein Anwohner-Schild oder sonstige Parkverbote und diese Gier in mir, eine Tasse mit einem
aromatischen Heißgetränk zu bekommen. Nein, keinen Kaffee - bittet Regina nie um Kaffee.
Das ist nicht ihre Welt. Sie ist durchaus bemüht und gibt ihr bestes, aber das ist in Sachen Kaffee
nicht viel und daher sollte man besser gleich einen Tee nehmen ...
Spontan griff ich also zum Handy, konnte sie durchaus dafür begeistern - hüpfte erwartungsfroh
(so erwartungsfroh, wie man grünem Tee gegenüber nur sein kann ...) aus dem Auto und schloss es ab.
Wieder verblüfft schauende Passanten, die eine moppelige Hausfrau im Regen sahen, die sich einige
Male gegen die Stirn schlug (natürlich wäre es für die Geschichte hier witziger gewesen, ich
hätte mit dem Kopf einige Male auf das Autodach gehämmert, aber ich bin zu schmerzempfindlich
für derartige Pointen). Todesmutig nahm ich doch noch mal den Schlüssel, schloß das Auto auf,
jubelte, als es nach wenigen Versuchen tatsächlich ein allgemeines Öffnungsgeräusch von vier
Autotüren gab und liess das Auto dann offen stehen (und ging grünen Tee trinken).
Insgesamt ein eher untypisches Verhalten, ich gebe es zu.
Regina blieb dadurch erspart, über den Fahrersitz auf den Beifahrersitz zu krabbeln - ich gebe auch zu,
daß ich dies ein klitzekleinwenig bedauerte. Die Idee, ihr zumindest einzureden, die Türen
seien alle defekt, verwarf ich aber doch wieder.
Wenige Tage darauf, brachte ich mein Töchterlein zur Schule und pries mein eigenes Organisationstalent
wieder einmal zu laut. Tatsache war, daß ich zur Steuerberaterin wollte, business-like (also, für das
Wetter eher zu kühl) gekleidet war und einfach hervorragend in der Zeit lag. Ich liess das Auto offen,
brachte meine Tochter über die Kreuzung auf den richtigen Bürgersteig, bekam
keinen
Kuss (Mama! wenn uns einer sieht!), stieg wieder ein und der Motor sagte
örps.
Auch lebhafte Schilderungen einer großen Schrottpresse und eine prophezeite Wiedergeburt als
Thunfischdose konnten den Motor nicht zu mehr als
üüüüüörps bringen.
Also stellte ich mich neben mein Auto und sprach Kinder bringende Eltern auf Starthilfekabel an,
nötigte Felix, mir den ADAC zu bestellen und betete leise. Der Strom der bringenden Eltern versiegte
langsam und dann kamen nur noch jene Eltern, die ihre Kinderlein bis direkt vor die Schule bringen und
bei laufendem Motor aussteigen lassen und den
habtihreinstarthilfekabelBlick nicht zu deuten wissen ...
Auf dem Parkplatz standen ausser meinem noch 2 Autos. In einem saß ein Mann und telefonierte. Er saß
dort schon, als ich mit meiner Tochter gekommen war und wenn es noch etwas gäbe, was ich unangenehmer
gefunden hätte, als in der Kälte auf dem Parkplatz herumzustehen und meinen Termin zu verpassen,
dann den, diesen Herren um Hilfe bitten.
Es erinnerte mich an die
guten alten Tage, als ich mit der besten all meiner Freundinnen an irgendwelchen
Landstrassen herumlungerte und den Daumen herausstreckte. Wir hatten vielerlei im nachhinein seltsam
anmutende Auswahlkriterien guter Mitfahrgelegenheiten. Männern mit Bart und Brille erzählten wir
meist, wir müßten nach Frielingsdorf, nur damit sie uns nicht mitnehmen konnten.
Ich erinnere mich noch an eine Fahrt mit einem Taxi, dessen Fahrgast uns mitnehmen liess. Da diese Strasse
ausschliesslich nach Lindlar führte, konnten wir schlecht behaupten, nicht dorthin zu wollen - und so
saßen wir mit im Taxi, fühlten uns unbehaglich und hörten aus dem Radio die
passende
Musik. Bis heute weiß ich, daß eine der frivol-witzigen Zeilen
Haken und Ösen gehören
zusammen ... lautete. To make a long story short ... ich wollte diesen Herren halt nicht ansprechen -
und wäre ich von einer Klippe gestürzt und würde mich nur noch an einem kleinen Ästchen
halten können, würde ich behaupten, die herrliche Aussicht zu geniessen ...
Als ich mich gerade über mich selbst ärgern wollte, kam der Besitzer des anderen Autos und -
tata! - hatte ein Starthilfekabel und ich kam doch noch pünktlich und kaum abgehetzt an.
Kurz darauf fing unser Auto dann an zu stottern. Wir haben hier diese wunderfeine 30 kmh Strecke - kilometerlang,
Landstrasse - 30 kmh - und konnten so auf jedem Weg zur Schule und zurück feststellen, daß das
Auto stottert.
Alles zusammengenommen, war also mal wieder ein Kuraufenthalt beim freundlichen Opel-Händler angesagt,
den ich nicht wirklich als Verkaufsgenie bezeichnen würde. Einer vierköpfigen Familie mit altersschwachem
Auto, würde ich keinen Zweitürer als Leihwagen geben, sondern irgendeine
KaufmichVerlockung.
Der Zweitürer verlockte nicht - wir freuten uns regelrecht, als wir unser
Auto wieder hatten.
Zwischenzeitlich haben wir ein Auto entdeckt ... wir - die, die Autos nach dem
Hauptsache es fährt
(und läßt sich aufschliessen) Kriterium auswählen, hatten eine Chromklinke in der Hand.
Chrom - viel Chrom. Unsere Freunde lachen, wackeln mit den Augenbrauen, vermuten dumme Scherze und können
nicht recht fassen, daß ausgerechnet wir von Autos anfangen.
Wir überlegen auch noch, aber eine gewiesse (Sehn)Sucht können wir nicht verleugnen. So hörte ich
des Nachts ganz deutlich, wie mein Mann versonnen so etwas wie
british racing green seufzte.
Wurzelholz ... *chrr*
Genug über Autos.
Gestern habe ich mit meinem Sohn geschimpft.
Vollkommen zurecht natürlich!
In manchen Interviews werden Menschen, die
es geschafft haben, gefragt wie lange sie für den
Zusammenbau eines Ikea-Regals brauchen. Damit soll halt geprüft werden, wie
normal sie noch sind.
Ob sie also wie
unsereins noch Ikea kaufen, oder nur noch exklusive Marmor-Leder-Scheusslichkeiten.
Wobei mir auffällt, daß scheinbar alle Promis Ikea kaufen. Unsereins natürlich nicht -
schliesslich will man sich von der Masse abheben ... (ausserdem hat das Rösrather Möbelzentrum
einen Spielbereich, ohne Zeit- und mit locker ausgelegter Altersbeschränkung). Aber keine schönen
Kinderzimmermöbel.
Also war ich nach langem mal wieder bei Ikea, erbeutete zwei Billys für Olivers
Zimmer und einen Schreibtisch mit einer Glasplatte (30 kg). Die wahre Kunst ist nicht, Ikea zusammenzuschrauben,
sondern Ikea heil ins Auto zu bekommen und dabei das richtige Kind mitzunehmen.
Ikea funktioniert so, daß man am Kinderparadies die Abgabezeit des Nachwuchses um 10 Minuten türkt,
durch das Geschäft hetzt, in Sekundenschnelle Entscheidungen trifft und sich dann stundenlang
geduldig an der Kasse anstellt und herzzerreissende Nachrichten des Kinderparadieses mit anhört.
Die Eltern des kleinen Olivers ...
Wer jetzt den eigenen Wagen beiseite schiebt und erst sein Kind abholt, erfährt bei der Rückkehr,
was all die vielen Angestellten den ganzen Tag tun: sie räumen umgehend die Waren der kurz beiseite gestellten
Wagen wieder in die Regale ...
Ich ermunterte die Kassiererin, sich ein klitzekleinwenig zu beeilen, weil ich die Eltern vom kleinen Oliver
sei. Das mache nichts, meinten die Kunden vor mir - sie seien die Eltern des kleinen Maurice und der kleinen
Janina. Respekt! Die wurden immerhin schon ausgerufen, seit ich der kleinen Glasvase mit der Spirale darin
in der großen Grabbelhalle erlegen war.
Ich gab meinen Billy-Zettel ab, erhielt die Nummer 100, fragte im Kinderparadies, ob ich eben schnell noch
die bereits auf meinem Wagen befindlichen Kleinigkeiten (die Schreibtischplatte mit 30 kg Gewicht ...) ins
Auto bringen könnte, um dann mit meinem Sohn zusammen auf die Billys zu warten.
Man war so lieb.
Ich klappte Rückbänke und hob und keuchte und fluchte und siegte - die Platte blieb in einem Stück.
Warten mit Oliver war auch Klasse. Rund um die Warenausgabe standen ganze Horden von Leuten und ihrem
plärrenden Nachwuchs, die ihr möglichstes taten, den Leuten mit plärrendem Nachwuchs und
großen Wagen mit Ware die Fluchtwege zu verstellen ...
Mittendrin auch wieder Ahnungslose, die geduldig warteten, plärrenden Nachwuchs trösteten und
dann irgendwann fragten, wo auf dem Kassenbon denn die Nummer zu finden sei, mit der sie aufgerufen würden.
(man muß sich vor dem Warten einmal nach vorne drängeln und so eine Nummer draufstempeln lassen ...)
Zurück in der Siedlung mußte ich erneut feststellen, daß das Ausladen schwieriger, als das
Einladen ist und daß es in einer Reihenhaussiedlung tagsüber keinerlei Männer zu finden
gibt, die keine Probleme mit der Bandscheibe haben.
Klar, ich schaffte es auch ohne - wofür mir heute die Arme schmerzen.
Geduld, der Punkt, wo ich mit Oliver schimpfe, kommt noch ...
Ich baute ihm also das alte, zu kleine Regal in seinem Zimmer ab, in meinem Büro wieder auf und
dann noch die beiden Billys wieder in sein Zimmer, sicherte beide Schränke noch mit der schlagbohrbedürftigen
Halterung an der Wand und wagte dann, ungestört duschen zu wollen, wobei mein Söhnchen jetzt aber
Wasserfarben malen wollte.
Ich gab ein wahres
andere Kinder ... undankbar ... ich damals ... tausendmal gesagt ... nie wieder ...
arme Mama Feuerwerk von mir und endete mit
hörst du mir überhaupt zu?
Ja! meinte Oliver und kam die Treppe herauf. Dabei biss er einmal herzhaft in eine halbe Tafel
Schokolade, die er während meiner Schimpftiraden in der Küche gefunden, ausgepackt und abgebrochen
hatte.
Ich fühlte mich nicht recht ernstgenommen. Interessiert gelauscht hatte den Ausführungen über
ihren undankbaren, immer frechen ... Bruder eigentlich nur Michaela, die nun den Kopf schieflegte und
grübelte.
Mama? Wenn ich dich jetzt frage, ob ich auch Schokolade haben darf, rastest du dann wieder aus?