
Kinderkacke

Der Vamp in mir wittert Morgenluft.
Was ein Vamp mit Kinderkacke zu tun hat?
Nichts, gar nichts, das ist es ja...
Am Samstag wird Oliver 3 Jahre alt. Auch einer dieser Sätze, die ich mir auf der Zunge zergehen
lasse. Drei Jahre. Das bedeutet
Kindergarten. Drei Jahre, das bedeutet Abschied vom Buggy,
Abschied von der Windelcreme, von Windeln überhaupt.
Natürlich nicht sofort (
im Hintergrund höre ich Trude Herr leise ihr "niemals geht man
so ganz" trällern...) aber es rückt in greifbare Nähe. Mit den schwindenden
Windeln, dem steigenden Alter meiner Kinder überhaupt, wachsen meine Chancen, wieder ein
normaler Mensch zu werden.
Schon jetzt habe ich einige Freiheiten wiedererlangt, von denen Mütter kleinerer Kinder nur
träumen können: so kann ich bereits wieder alleine auf die Toilette gehen, ätsch, ätsch, ätsch!
So richtig, mit Tür abschliessen!
Das erklärt noch immer nicht, weshalb ich diesen Beitrag mit
Kinderkacke überschrieben
habe. Nun, darüber spricht man nicht und wenn doch, dann ist man garantiert Mutter eines
Kleinkindes.
Also, Vanessa-Marie, die hatte letzte Woche einen ganz seltsamen Durchfall... beginnt die
besorgte Mutter, während die begeisterte Mami ohne Skrupel die Wirkung von Holundersaft
auf Kinderpopos bei der Dinnerparty zum Besten gibt.
Hugo-Alexander sah aus wie ein kleiner Pavian...
Mütter denken sich nichts dabei. Je natürlicher die Geburt war
möchtest du sehen,
wo wir die Nachgeburt vergraben haben?, desto tiefer sind sämtliche Hemm- und Ekelschwellen
gesunken. Einige Wochen später haben intensiver Schlafentzug und das auch wahnsinnig natürliche
Stillen so eine Art Gehirnwäsche komplettiert. So saß einmal meine bis dahin sehr ladylike
Bekannte mit am Tisch, stillte ihr Baby und rief dann aus
oh schaut mal, wie süß er
jetzt schmatzt!
Ja, wirklich allerliebst - der Kleine lag satt und schläfrig in ihrem Arm und schmatzte noch
in behaglicher Erinnerung an das soeben verspeiste Milchportiönchen. Ich habe das gesehen. Ich
habe aber auch gesehen, daß die Blicke der Männer eher an der noch entblössten
Brust meiner Bekannten hängenblieb, die sie während des Stillens selbst noch geschickt
unter einem Tuch verborgen hatte...
Und das ist noch der für die Männer angenehmere Teil der Verwandlung ihrer Frauen in
Mütter. Mit dem Abschied vom Stillen, kommt das
euphorisch pädagogische Geschwafel.
Mir geht es da wie wohl allen Müttern. Ich kann nicht anders, kaum sehe ich etwas, brabbelt es
auch schon aus mir heraus:
Oh, guck mal ein Schaf, ein Bäh-Schaf.
Mäh, macht das Schaf
määääh!
Mach mal "ei" bei dem Schaf!
Sag mal Schaf!
mäh Schaf!
Und das ist nur die Einleitung, die bei nahezu jedem Tier, nein, jedem beliebigen Gegenstand etwa
so abläuft. Wie es nun weitergeht, hängt ein wenig vom Bildungsgrad und der politischen
Ausrichtung der Eltern ab.
Nicht vom Alter oder Interesse der Kinder, schliesslich wissen wir, daß Kinder immer lernen,
man ihnen am besten schon Fremdsprachenkassetten und klassische Musik vorspielt, wenn sie sich noch
im Mutterleib befinden.
So werden auch nahezu Neugeborene in die Geheimnisse der Wollgewinnung und -verarbeitung eingeweiht,
darauf eingeschworen, niemals nicht so ein süßes Schäfchen zu verspeisen oder sie
erfahren alles über Neuseeland, wo es bekanntlich auch viele Schafe gibt.
Morgenluft schnuppernd, befinde ich mich derzeit sozusagen im Endspurt der Epoche der Kinderkacke
in meinem Leben. Nie war das Thema so Thema wie jetzt, denn Aufnahmebedingung im Kindergarten ist
nicht nur der magische dritte Geburtstag, sondern der von allen Windeln befreite Popo meines Sohnes.
Bisher vertraute ich darauf, daß jedes gesunde Kind von sich aus
trocken wird, aber
nach einem Blick in den Kalender habe ich begonnen
sanft nachzuhelfen.
Wenn Mütter
sanft nachhelfen sagen, meinen sie nichts anderes als
Erpressung
Finsterste
wenn, dann-Methoden.
(sehr negatives
wenn, dann) Wenn du nicht ins Töpfchen machst, dann:
bin ich ganz traurig
wird der Osterhase dir nie wieder was mitbringen
wird dir der Weihnachtsmann nie wieder was mitbringen
wird dir der Nikolaus...
werden dich alle auslachen
erzähle ich das dem Papa!
fault dein Pullermännchen ab! (doch, das habe ich mal gehört *schauder*)
(pädagogisch wertloses, aber gelegentlich erfolgreiches
wenn, dann)
Wenn Du ins Töpfchen machst, dann:
bekommst du ein Rennauto!
Nur ein Beispiel - denn es ist unseres - und zufällig Olivers sehnlichster Wunsch. Ein Kettcar,
das er so und so am Samstag bekommen wird, wenn der beste und göttlichste aller Göttergatten
es vorher noch zusammenbaut. Dass ich das nicht tue, ist kein Frauchengehabe, sondern liegt daran,
daß ich selten Zeit ohne Oliver habe...
Die Zeit bis Samstag werde ich nutzen, anfeuernd, schmeichelnd und drei Tonlagen höher und mindestens
2 fröhlicher als sonst von Töpfchen, Häufchen in Töpfchen und Pipi in Töpfchen
schwärmen. Später werde ich leugnen, die natürliche Entwicklung meiner Kinder je irgendwie
beschleunigt zu haben. Jedes Kind hat sein eigenes Tempo, werde ich altklug neuen Müttern erläutern
und verschweigen, daß ich das Fläschlein und eine kleine Portion Gummibärchen
spendiert habe, um ihn auf dem Töpfchen bei Laune zu halten.
Sogar gesungen habe ich...
Kurz darauf hat er dann in sein Ernie-und-Bert-Unterhöschen gekackt und ich habe in
rabenmütterlichster Manier angekündigt, ihm dann wohl doch ein Paket Windeln, statt des
Rennautos zum Geburtstag zu schenken.
Nun, bald, bald, bald ist das Thema kein Thema mehr und den Rest bekomme ich auch noch in den Griff.
Rest?
Dinge, wie von mir selbst in der dritten Person zu sprechen.
warte, die Mama möchte das sehen,
wie ich es während eines Einkaufsbummels zu meiner Freundin sagte oder ein vollkommen übermüdeter,
etwas abwesender Patzer, der mir unterlief, als ich mit der besten Absicht, Konversation zu führen,
mein Gegenüber fragte, wo denn seine Nase sei.
Nach 6 Jahren (oft) allein unter Kleinkindern, passiert so etwas halt mal...
Zumindest schuckel ich den Einkaufswagen mittlerweile nicht mehr in Gedanken hin und her, als
läge ein (hoffentlich noch eine Weile) schlafendes Baby darin.