
Wenn Männer abwaschen

Sanft von den Kinderlein geweckt, tappste ich in die Küche, um mir einen Kaffee zu kochen.
Im Spülbecken lauerte es auf mich - das
Morgengrauen!
Das Becken war voll Wasser, darin trieb die Spülbürste, während auf dem Grund die
Dessertteller des Vorabends lauerten. Ich unterdrückte ein laut gekeiftes
Felix!
und beglückwünschte mich statt dessen, vor dem Dessert noch das
Geschirr des opulenten
Abendmahls abgespült zu haben. Denn sonst würde das eingeweichte Geschirr einem Eisberg
gleich aus dem Becken emporragen und ... bäh! ...
Mein kalorienbewusster Vater und seine Frau waren nämlich zum Abendessen gekommen und ich
hatte eine gar köstliche Eigenkreation in Sachen Paprikaschoten serveriert. Ok, ok, es war
mehr eine Art hilflose Improvisation, da ich nicht gewillt war 10 Eier zu kaufen, wo ich doch nur
eines brauchte und auch kein
altbackenes Brötchen fand. (meine gefrässige Familie wird durch die Bergluft zu Höchstleistungen
angetrieben - keine Chance für Brötchen, irgendwie alt zu werden...)
Also hatte ich eine Dose Mais und zerkrümeltes Schwarzbrot mit dem Hackfleisch in die Schoten
gestopft.
köstlich...
Entschlossen zog ich den Stöpsel aus der Brühe, entfettete die Spülbürste und
befreite das Becken von dem ekligen Fettrand, der die Wasserhöhe anzeigte. Ich liebe diesen Mann,
ich würde ihn immer wieder heiraten... hatte er doch erst am Abend die rührende Betreuung
Olivers übernommen, der einen üblen Hustenanfall mit noch übleren Folgen erlitten hatte.
Diese Einweicherei ist mir ein Rätsel. Sie scheint eine typisch männliche Angewohnheit.
Das benutzte Geschirr wird unter Tetris-Methoden in das Becken gestapelt, wobei irgendwelche
Reste, wie besonders Kinder sie gerne auf dem Teller lassen, vollkommen ignoriert werden. Sobald
alles im Becken verstaut ist, lässt man Wasser hinein und schmeisst am Ende zum Zeichen
männlicher Arbeitswut die Spülbürste drauf. Küchenhersteller kommen dieser
Methode entgegen, indem sie die kleinenen Metallketten, mit denen die Stöpsel an der Spüle
befestigt sind, manipulieren. In kürzester Zeit reissen die Ketten (der unterste Ring vor dem
Stöpsel ist meist angesägt...). Weshalb? Alles Frauenhasser!
Weil Männer ihre Einweichgebilde niemals selbst erledigen, sondern mit dem besten Gewissen davon ausgehen,
locker die Hälfte der Arbeit erledigt zu haben und den
Rest dem Ehepartner überlassen.
Junggesellen warten auf den Besuch ihrer Mütter, einer Freundin oder darauf, daß der
Spülberg verrottet.
Generationen von Frauen werden schon versucht haben, den Männern geduldig zu erklären, daß
erst Speisereste, wie zB das Gerippe halber Hähnchen, in den Mülleimer entsorgt werden
und dann die Teller einfach kalt abgespült werden, wenn man nicht direkt abwaschen will.
Selbst 2 Wochen lang festgetrocknete Speisereste (auch Hühnergerippe) sind besser, als
eingeweichte, faulig duftende Spüllöcher.
Mein Survival-Tipp an Ehefrauen: eine Spülmaschine anschaffen, oder den Ring am Spülbeckenstöpsel
verschweissen ... So ist zumindest die Gefahr gebannt, sich beim todesmutigen Griff zum Stöpsel
an einem Hühnergerippe zu verletzen. Auf jeden Fall alle 10 Jahre die Tetanus-Impfung
auffrischen - oder NICHT HEIRATEN!!!
Ich setzte den Pfeifkessel auf eine Herdplatte, löffelte Kaffeepulver in den Filter und
ging ins Bad, wo ich dann doch empört und ehefraulich loskeifte
Felix!!!. Im Waschbecken lauerten die
eingeweichten Tücher, mit denen er Oliver und den Boden gesäubert hatte.