
Robin Hood im Supermarkt?

Gestern bestätigte sich die Redewendung des
es könnte schlimmer kommen - und es kam schlimmer
Michaela hat einen Husten, der nicht kindergartentauglich ist. Folglich sitzt sie ein wenig gelangweilt
bei Oliver und mir herum. Das potentielle Schlechtlaune-Wetter bekämpfe ich mit allerlei lustigen
Bastelarbeiten. So packen wir, wann immer Oliver schläft die Fensterfarben-Tuben aus und matschen
kitschige Bilder für die Fensterscheiben zurecht.
Gestern brauchten wir unbedingt braune Farbe, damit Michaela ihre Ratte gebührend ausmalen könnte.
Im Schreibwarengeschäft war ich dann aber spendabel und so durfte sie auch noch Pink, Tür-Kies,
Goldglitzer und Dunkelrot auswählen. Im nachhinein die beste Spendierlaune aller Zeiten, denn:
Im Supermarkt wartete Robin Hood auf mich!
Am Eingang gab es die übliche
Nervhürde. Dort steht ein Drache, der zum Dank für
ein Markstück ein wenig herumwackelt. Ich erklärte lächelnd, daß ich nach dem getätigten
Einkauf dieses wegelagernde Mistvieh füttern würde. Supermarkt-Nebenkosten...
Angespannte Nerven führen zu steigenden Nebenkosten - irgendwann fand ich es einfach zuuuuu putzig,
wie Oliver sich ein Duplo aussucht, es auf das Band legt und dann ungeduldig darauf wartet, es in die
Fingerchen zu bekommen. Seither gehört ein Duplo für ihn und eins für seine Schwester
einfach dazu... Er ist eine echte Hilfe beim Einkauf. Erst holt er mir einen Einkaufswagen - und
das Gemurkse mit dem Markstück ist nicht unbedingt einfach - und am Ende bringt er mir den Wagen
wieder weg und gibt die Mark zurück. Putzig! Wenn man Zeit hat...
Denn natürlich bedeutet es, daß ich gelegentlich lange warten muß. Helfen darf ich nicht:
ich, iiiich!. Die Warterei wird mit einem Miniatureinkaufswagen belohnt, in den mein Goldschatz erst
Obst und Gemüse wirft und dann den Rest, so wie man halt an den Waren vorbeikommt.
Den Kauf von Konserven und Nahrungsmitteln in Gläsern habe ich entsprechend aufgegeben.
Gestern gab es keinen Miniatur-Einkaufswagen, sondern einen großen, der prompt eine lautstarke
Diskussion auslöste, wer in den Genuß des Privilegs käme, auf dem herabklappbaren Einsatz
für Getränkekästen zu stehen. Während meine Goldschätze dies diskutierten,
wog ich Zucchini, besiegte den Drang, sie mit überreifen Tomaten zu bewerfen und beschloss, mich
dafür mittags mit Spinat zu rächen.
Plötzlich war Ruhe. Michaela stand resignierend neben dem Wagen, Oliver voll putzigem Triumph
auf dem Wagen. Ich überwand meinen inneren Schweinehund. Wehret den Anfängen!
Oliver, die
Michaela kommt neben dich, oder keiner kommt auf den Wagen!. Im Endeffekt habe ich gesiegt,
aber im nachhinein weiß ich, daß mir in dieser Zeit Robin Hood begegnete.
Wie unfair!
Mein pädagogisch wertvolles Verhalten, das mich mindestens 8 Tage meiner Restlebenserwartung gekostet
und mein Hörvermögen nachhaltig getrübt hat, wurde mit einem Griff in meine Tasche belohnt.
Ich hätte alle, wirklich alle vorrätigen Farben kaufen sollen!
Neben der Schrecksekunde, an der Kasse kein Geld zu haben, dem Generve für die übrigen Kunden,
daß es nun an der Kasse nicht weiterging, begann Michaela bitterlich zu weinen. Mein
Oh nein,
das muß passiert sein, als sich die Kinder um den Wagen stritten, hatte sie sich umgehend
zu Herzen genommen.
Jetzt bin ich schuld, daß wir arm sind!
Ich tröstete sie, erklärte, daß weder wir nun arm, noch sie irgendwas schuld sei.
Die Verkäuferin brachte meine Einkäufe ins Kühlhaus, während ich zur Bank
spurtete, um meine Scheckkarten zu sperren und mir Bargeld zu holen.
Und dort begegnete mir dann das Robin Hood Phänomen.
Was kommt einem in den Sinn, wenn man hört, daß jemand einer gestressten Mami mal eben
das Portemonnaie aus der Tasche geklaut hat?
Die richtige Antwort ist: das ist sicher ein netter Mensch!
Naja, nicht ganz so krass - aber zumindest wurde mir gestern mehrfach erzählt, daß es, wenn
ich Glück hätte, ein netter Dieb war und ich meine Papiere und so zurückbekäme.
Ich hatte kein Glück, es war kein netter Dieb, denn der hätte mir nicht das Portemonnaie geklaut.
In der Bank erfuhr ich aber, daß ich doch mal 2 Wochen warten sollte, bevor ich mir eine neue
Scheckkarte bestelle - vielleicht wäre es ein netter Dieb...
Die Vorstellung, 4 Wochen ohne Scheckkarte zu sein erschien mir mindestens so absurd, wie an
nette
Diebe zu glauben. Aber, gestern kamen einschliesslich meines Göttergatten gleich 4 Leute auf
die Idee. Womit der letzte einen wohlfeil formulierten Wutanfall meinerseits abbekam, daß es
etwas soviele nette Diebe, wie Weihnachtsmänner gäbe!
Und selbst wenn dieses A...och mein Portemonnaie nicht einfach wegwirft, sondern es tatsächlich
wieder zu mir zurückfindet, ist der Kerl nicht nett, sondern versucht nur auf ziemlich absurde
Art, so etwas wie Selbstachtung damit begründen zu können, daß er ja ein
netter
Dieb ist.
Ist er nicht... *motz*
ToDo-Liste für frisch Beklaute:
- sofort die Scheckkarten sperren
- Krankenversicherung benachrichtigen, wenn auch die Versichertenkarten verlorengingen
- in der Gegend in die Mülltonnen spingsen - manch netter Dieb entledigt sich umgehend des Portemonnaies
- irgendwann Anzeige erstatten - wurden keine Ausweispapiere geklaut, kann man sich das sparen
- die Versicherung braucht man nur verständigen, wenn man bedroht wurde