Ich soll doch mal wieder etwas Lustiges über das Fernsehen schreiben. Gemeint sind die Kurzbeiträge,
zu denen ich mein Näschen vor die Kamera halten darf. Das Problem ist nur, daß diese
Dreherei spätestens beim 3. Mal nicht mehr so ungeheuer aufregend ist und einem bewusst wird,
daß es sogar recht anstrengend und vor allem langwierig ist. Nach einem ca 4 stündigen
Besuch eines Kamerateams kann man sich dann irgendwo 2 Minuten lang sehen.
Spannend ist daran höchstens noch, in welche Schublade ich diesmal gestopft werde.
Zur Wahl stehen die biedere Hausfrau, die patente Mutter oder das pfiffige Frauchen. Ich gebe zu,
die letzte Rolle gefällt mir davon am besten, obwohl ich ihr auch nicht wirklich entspreche.
Leider besteht wenig Interesse an langweiligen Durchschnittsfrauen, daher wirst Du mich auch nie
als solche sehen (ausser wir laufen uns mal über den Weg).
Nach dem Besuch des ZDF-Teams für den Minibeitrag in Mona Lisa bin ich auf den Geschmack
gekommen und versuche immer Jeanette mit dazuzubekommen. Einerseits wirkt das so ungemein edel und
bescheiden und andererseits ist es viel witziger, wenn sie hier ist. Von der Thematik her passt es
doch auch meist - Frau/Mutter im Internet.
Hier der Link: www.babyzimmer.de
Kurz gesagt, laufen solche Dreharbeiten so ab, daß sich irgendwann eine Journalistin meldet,
einem das Thema schmackhaft macht und kurz darauf mit einem Kameramann und einem Herren, der für
den Ton zuständig ist, hier aufkreuzt.
Ich versuche mich dann mit wallender Mähne und ohne zuviele Kinne möglichst intelligent zu
präsentieren, während die Journalistin versucht, Einstellungen zu bekommen, in denen ich
ihren Vorstellungen entspreche. Meine angeborene Gastfreundschaft spielt meist gegen mich - sobald
ich in der Küche Kaffee oder gar ein Mittagessen zubereite, folgt mir der Kameramann und in
dem 2 Minutenbeitrag sieht man mich dann dort, wo eine Hausfrau eigentlich hingehört, nämlich
in der Küche. Beim nächsten Mal bestelle ich einen Pizzadienst!
Die nächste, sehr wichtige Einstellung, ist die tippende Hausfrau am Computer. Da sitze ich dann
und soll irgendwas tippen. Diese Einstellung brauchen die dann, um mich anzukommentieren.
Nun fehlt nur noch der O-Ton - so nennt man dann den einen Satz, den ich sage. Genommen wird,
was möglichst lang und fehlerlos aus meinem Mund kommt und in die vorgegebene Story passt. Wobei
ich aber auch gelernt habe und nur noch Dinge ausspreche, die unbedingt gesendet werden dürfen.
Nein, mir ist es noch nie wie Doris Day ergangen, die so nett Ich bin ein Schwein gesagt hat -
aber vermutlich würde das auch nicht gesendet, weil es nicht so recht zu meiner Schublade passt.
Insgesamt finde ich diese Dreherei sehr nett und es ist einfach eine lustige Abwechslung. Ausserdem
kommt es prima an, wenn ich im Kreise meiner Freunde nach ca 2 Stunden Milchkaffee und wie geht
es den lieben Kindern nebenbei erwähne, wie anstrengend doch der letzte Dreh mal wieder
war. Diesen was wollt Ihr, das ist doch total normal-Blick beherrsche ich mittlerweile aus dem FF.
Bisher ging es bei diesen Beiträgen eigentlich immer um das Thema Frau und Internet und
da ich andere gerne mit meiner Internetbegeisterung anstecke, stelle ich mein kameraerprobtes Näschen
zur Verfügung. Das hat sicher nichts damit zu tun, daß ich die gesteigerten Besucherzahlen
nach jedem Auftritt irgendwie wichtig finde...
Eine interessante Ausnahme zu dieser Routine (oh, ich liebe es, beim Fernsehen von Routine zu sprechen -
das ist wirklich der Overkill an Coolheit) bildete der Trubel um den offenen Brief, den ich im Dezember
zusammen mit 2 Freunden an Siemens schrieb.
Eigentlich hatte ich Siemens eine Mail geschickt und mich störte die Arroganz, mit der diese
nicht beantwortet wurde. Siemens hat nämlich eine Software namens WebWasher entwickelt,
die denen, die sie installieren ein Werbebanner-freies Internet präsentiert. Oft ist dieser
Washer etwas übereifrig und wäscht auch das eine oder andere Programm, Bild oder ganze Texte
von den Seiten, aber was soll es...
Sogenannte Junkbuster sind keine Neuheit, aber mich interessierte einfach, weshalb ein großes
Unternehmen wie Siemens derartiges entwickelt. Unter dem Namen "wash and go" verfassten wir einen
offenen Brief, der von gut 1.200 anderen Homepagebetreibern mit unterschrieben wurde.
Überraschend ist, daß Siemens bis heute nicht reagiert hat - ausser diesen Brief zu eigenen
Werbezwecken zu nutzen.
Die Story: großer Konzern bereitet mit perfektem Programm den
Schaltern aller Werbebanner Probleme.
Kaum 2 Monate später stiessen dann prompt die Medien auf das Thema.
Wir hatten die Sache bei Webhits einige Wochen lang angeregt diskutiert, bis es eigentlich nicht mehr
viel dazu zu sagen gab ausser:
a) ich benutze den WebWasher, da ich Banner nervig finde
b) ich bin gegen den WebWasher, da er die Finanzierung der Seiten gefährdet.
Dies beteten wir dann wortreich und spiralformig noch einmal herunter, bis unser Interesse an
dem Thema wirklich erloschen war. Wer mag, kann das im Forum gerne noch einmal nachlesen - mich selbst
interessiert der WebWasher wirklich nicht mehr. Ich bin gespannt, ob Siemens irgendwann mit täuschend
echt gemachten Fahrkarten das Bahnfahren vereinfacht...
Im Dezember hatte Felix sich den Witz gegönnt und User des WebWashers sahen auf der Hausfrauenseite
nichts, ausser der Banner. Mit der neueren WebWasher Variante kann man die Hausfrauenseite nun wieder
lesen und die Banner werden tatsächlich unterdrückt - was uns herzlich egal ist.
Diese Software wird nur von 0,2 Prozent der Surfer genutzt und für 0,2 Prozent unternehme ich
gar nichts.
Die angeregten Diskussionen um Werbeformen im Internet führten allerdings zu dem Ergebnis, daß
ich künftig die Rubrik "Einkaufen" anbiete, auf der kommerzielle Seiten
gezielt denen vorgestellt werden können, die sich für Einkaufsmöglichkeiten im Internet
interessieren. Mit der Rubrik versuche ich die Quadratur des Kreises, da ich einerseits nur Seiten
zulasse, die mir selbst gefallen und andererseits daran auch noch etwas verdienen möchte.
Die Hausfrauenseite ist und bleibt eine private Seite und ich hege und pflege sie, egal ob und wieviele
Banner gerade laufen. Weshalb ich das erwähne, erzähle ich ein anderes Mal, denn ich wollte doch
noch berichten, wie die Dreherei zu dem Thema war.
Das ZDF drehte einen Beitrag für das Morgenmagazin.
Das Interview fand ich ziemlich anstrengend, da Herr Funken meine Antworten nicht zu verstehen schien.
Ich sagte immer wieder, daß ich es zwar sehr eigentümlich fände, daß Siemens das
Programm erstellt hätte, es aber weiter keine Auswirkungen auf das Internet haben würde.
Junkbuster gab es schon immer, aber kaum einer lädt sich so ein Teil auf den Computer. Ausserdem
arbeitet er nicht unbedingt zuverlässig, so löschte er auf einer Seite, die ich damit besuchte
(ja, ja, ich habe ihn natürlich ausprobiert) den kompletten Inhalt.
Herr Funken fragte immer wieder nach und schien unheimlich um die privaten Seiten besorgt. Einmal fragte
er konkret, was ich gegen den WebWasher unternehmen würde und ich sagte ebenso konkret, daß
ich dagegen gar nichts mehr machen würde, da ihn nur 0,1 Promille (woher die Zahl kam, weiß ich
nicht mehr) der Surfer das Teil nutzen würden. Seine Reaktion war lustig. Er kam mit dem
pädagogisch wertlosen Drohverhalten, mit dem auch ich gelegentlich, vergeblich versuche,
Wohlverhalten meiner Kinder zu erpressen. "Nun, wenn der WebWasher keine Bedrohung darstellt,
können wir auch gleich wieder gehen und uns das hier sparen!". Insgeheim gab ich ihm Recht, so
wie Michaela einmal freudig zustimmte, nicht in den Zoo zu fahren und statt dessen lieber mit ihrer
Freundin spielte. Ich hätte die Herrschaften jedenfalls auch wieder gehen lassen. Aber da hatte
Herr Funken dann die Idee: wenn nun jeder Surfer den WebWasher benutzte, dann wäre er doch
eine Gefahr?!
Dem stimmte ich zu, da die Besucher auf meinen Seiten schliesslich Traffic verursachen - User des
WebWashers auch - diesen Traffic muß ich bei Uwe teuer bezahlen, aber die Washer sehen
die Banner nicht und so weiter...
Auch die Sequenz, tippende Hausfrau am Computer wurde gedreht - am nächsten Morgen durfte ich
dann mit Erstaunen hören, was Herr Funken dazu zu sagen hatte. Man sah mich tippend, wozu er dann
berichtete, daß ich mit viel Mühe ständig meine Seiten umprogrammieren müßte,
um mit der neuesten Entwicklung beim WebWasher Schritt zu halten.
Dramaturgisch geschickt zeigte man dann, wie der Siemens-Programmierer auf der anderen Seite dann
wieder meine Änderungen in der neuesten Version des WebWashers berücksichtigt - der Kampf
Hausfrau gegen Siemens also...
Gute Story, nur leider schlicht gelogen, was mich sehr erstaunt, da ich Herrn Funken ganz ausdrücklich
gesagt habe, daß ich das sicher nicht tue, so lange es nur so wenig User dieser Software gibt.
Der Erfolg der Sendung war dann auch witzig - ich bekam lauter "Ätsch, ich war mit dem WebWasher
auf deiner Seite"-Mails. Ausserdem kam noch RTL vorbei, der Spiegel und einige andere Zeitschriften
erwähnten die Story und und und.
Für alle Interessenten:
ich finde es vollkommen daneben, daß Siemens dieses Teil entwickelt hat, aber ehrlich gesagt,
gibt es deutlich Wichtigeres in meinem Leben. Es war ganz interessant, darüber zu diskutieren,
aber nun ist dazu doch wirklich nichts Neues mehr zu sagen.
Lustig fand ich aber an dem Morgenmagazin, daß Herr Cuny ein wenig in die Doris Day Falle tappte
und zum Spitznamen der Programmiergott kam. Er berichtete nämlich, daß er in einer
Mail so genannt wurde. Vielleicht hätten wir den offenen Brief nicht mit "Sehr geehrte Damen
und Herren" beginnen sollen - aber wie schreibt man einem Gott?