Bei VOX werden doch oft Reisziele vorgestellt. Reiseziele die jeden von uns brennend interessieren, da wir dort fast jedes Jahr Urlaub machen, wie zum Beispiel Bali. Dann erscheint plötzlich ein Paar und macht vor, wie dort an diesem Reiseziel der perfekte Tag abläuft. Das sind Dinge wie Vormittags ein Ausflug mit dem Charterboot mit Tauchgang zu dieser besonderen Bucht oder diesem und jenem Riff. Leichtes Mittag im leckeren *****Restaurant am Strand. Am Nachmittag Rundflug über die Insel und Ballonfahrt. Am Abend in toller Abendgarderobe ein Dinner mit sieben Gängen in der teuersten Kneipe, die sie auftreiben konnten. Wir kennen das ja alle. Das ist nun mein perfekter Tag: Seit ungefähr sechs Wochen wissen wir, dass unser Kind eine große Hausaufgabe hat. Eine große Wandzeitung über Marzahn/Hellersdorf zu erschaffen. In der Schule in Sachkunde wird Berlin gerade ganz ausgiebig behandelt und damit auch jeder Stadtbezirk. Das ist schon eine tolle Idee. Uns war auch von Anfang an klar, dass es ein Familienprojekt wird.Da wir ganz besonders toll sind, wollten wir nicht irgendeine läppische Wandzeitung mit aufgeklebten Bildern machen, sondern ganz zeitgemäß ein großes Poster. Alle Bilder und Texte einscannen, bearbeiten, auf CD brennen und im Kopieshop ausdrucken lassen. Die Kinder und der liebe GG hatten Ferien bzw. Urlaub. Leider wurde die Zeit für alle möglichen Dinge benutzt, nur nicht zum Vorbereiten der Wandzeitung. In der kommenden Woche war der Abgabetermin und nix war vorbereitet. Sonntagfrüh: Ich hoffe innig darauf, dass das Kind Bilder mitbringt. Wir hatten bis dahin nur wenige, nicht so tolle und zu kleine Bilder. Informationen über den Stadtbezirk gibt es reichlich im Netz, aber Bilder.... Ich bin schon in der Zeit vorher zu jedem Andenkenladen gegangen und habe Postkarten von Marzahn / Hellersdorf gesucht. Aber ich erntete in den Läden nur Grinsen oder ungläubige Blicke, eine Verkäuferin ist in lautes Lachen ausgebrochen, ich in Tränen. So schlimm sind Plattenbauten nun auch wieder nicht, naja wenigstens so laut hätte sie nicht zu lachen brauchen. Ich kochte das Mittagessen, meine Hoffnung wurde schon kleiner. Nebenbei schrubbelte die zweite Waschmaschinenladung. Die Sonne schien draußen hell und warm. Nachdem ich alleine gegessen hatte, sonst hatte niemand Hunger, gab ich auf und machte mich daran, die Texte zu entwerfen und am kleinen alten Mac einzutippen. Hoffnungsvoll schaute ich noch einmal zum genialsten Mann des Universums, aber der schaute nur mal kurz aus diesem PC-Kasten, rückte sich die Brille auf die Nase, schwitzte und verschwand wieder in den Tiefen des Computers. Es war Sonntag Mittag um 12.00 Uhr mein Bäuchlein war voll, ich war müde von der Arbeitswoche, die Sonne schien. Ein bis zwei Sachen wären mir schon eingefallen, die ich lieber gemacht hätte, als die Texte einzutippen. In diese stille Verzweiflung klingelte das Telefon. Das Nachbarkind wolle nun kommen um die Wandzeitung zu machen. Sonntag Mittag! Diese Eltern sind schlauer als wir. Kümmern sich einen feuchten Lappen um die Hausaufgaben ihrer Tochter und sorgen auch noch dafür, dass sie ungestört ihren sonnmittäglichen Beschäftigungen nachgehen konnten. Klasse! Ich bin aber nicht so edel, um das zu tolerieren. Mache lieber gerne selber lauten Sex, wenn die Kinder nicht da sind. Also bestelle ich das holde Kindlein zu 16.00 Uhr. In der Nacht vorher hatte Anjas Freundin bei uns geschlafen. Die wollte auch auf keinen Fall nach Hause gehen. Kinder scheinen Chaos zu lieben. Ich trank den kleinen Rest gleich aus der Flasche. Upps, war mehr drin als ich dachte. Hängte die Wäscheladungen zum Trocknen auf, räumte die Küche auf und schrieb weiter. Inzwischen rief die liebe Mama von gegenüber an und beorderte ihr Kind nach Hause zum Abendbrot essen. Leider war nur der beste Ehemann am Telefon, ich hätte schon mal nach Bildern oder Beiträgen für die Wandzeitung gefragt. Es war irgendwie nicht ihr Problem, da die gute Mama nicht mal wissen wollte wie weit die unsichtbare Wandzeitung inzwischen gediehen war. Ich war ganz kurz vor einem Telefonat mit ihr. Aber der beste Ehemann raunzte mich an, mußt Du Dich immer mit den Leuten rumstreiten, ich habe dazu keine Kraft. Ich habe dazu auch keine Kraft, aber dieses Verhalten ist eine Schweinerei und das Kind lernt dabei das Falsche. Irgendwo hatten wir doch noch ´ne halbe Flasche Rotwein... Die Kinderlein waren inzwischen wiedergekommen und wollte es sich gemütlich machen. Schnell scheuchte ich die süßen Kleinen nach Hause und schrieb den Rest, räumte die Wohnung auf, saugte und machte Abendbrot. Der beste Ehemann hatte inzwischen aufgegeben und wollte am nächsten Tag irgendwo anrufen und legte sich völlig erschöpft auf's Sofa. In die Wohnung zog langsam Ruhe und Ordnung ein. Der Rotwein war echt lecker! Nachdem ich die Flasche leer getrunken hatte, (war leider nichts weiter da) wollte ich von Anja das "Muttiheft" haben. Ich schrieb der Lehrerin meinen ganzen Kummer von Seele (nee, nee so besoffen war ich nun auch wieder nicht) nur von dem vielfältigen unsichtbaren Beitrag der anderen Familie. Der geliebte Ehemann regte sich fürchterlich auf, dass das nicht richtig wäre. Ich sollte da meine Klappe halten, das gebe Ärger. Naaaa uuuuund? (Nach diesem Wochenende habe ich meine Rotweinvorräte zu Sicherheit auf acht Flaschen erhöht - falls mal Besuch kommt) Natürlich haben wir innerhalb der nächsten zwei Tage eine Wandzeitung ganz klassisch, aber erster Sahne erschaffen. Hat viel Spaß gemacht. Der beste Ehemann dieses Sonnensystems hatte tolles Bildmaterial besorgt. nimm Mitte! (Alle Andenkenläden sind voll mit Bildern vom Brandenburger Tor, Hackesche Höfe usw. Die Wandzeitung würde dann groß werden wie ein Fußballfeld.) Andrea am 24.04.02 |
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