(Oder: Einer von 50 Ways, seine Mutter zu bestrafen)
Mutter werden ist schon schwer, Mutter sein, dagegen auch nicht immer angenehm..
Mutter ist und bleibt frau bis zum bitteren Ende und es sind nicht nur die ersten dreißig
Jahre, wie öfters behauptet wird.
Kinder entwickeln schon früh ausgefeilte Methoden, sich dafür zu rächen ins Leben
gesetzt worden zu sein.
Kaum auf der Welt, probieren sie aus, wieviel Schlaf eine erwachsene Frau braucht, um gerade noch zu
überleben.
Besonders beliebt sind Schreiattacken kurz nach Beginn der REM-Phase, da hiermit die
Frustrationstoleranz der jungen Mutter am wirkungsvollsten überprüft werden kann.
Säuglinge halten derartige empirische Studien wochen- , gar monatelang durch, besonders
hartnäckige sogar die ersten Lebensjahre, von gelegentlichen Durchschlafepisoden kurzfristig
unterbrochen, was besonders hinterhältig ist, da frau immer wieder umsonst die Hoffnung hegt,
nun endlich zur Nachtruhe zurückzufinden.
Es gibt Kleinkinder, die nur in Anwesenheit der Mutter einschlafen wollen. Ich kenne Mütter,
die sich tagtäglich, ins Bett des Sprösslings legen, bis dieser wegeduselt ist, sich dann
vorsichtig wegschleichen, um einige Sekunden später durch entnervendes Gebrüll
zurückbeordert zu werden.
Besonders prekär wird die Situation, wenn Gäste da sind. Solche Gastgeberinnen sieht man
in der Regel zur Begrüßung und zum Abschied, wenn sie mit zerzausten Haaren, verlegen
lächelnd: Der Kleine schläft so schlecht ein!, zur Türe kommen und im
Hintergrund schon wieder erste Signale aus dem Kinderzimmer dringen.
Solchermaßen gefolterte Mütter lassen sich grob in zwei Lager teilen:
Die einen lassen ihre Wut raus, klagen über ihr Schicksal, hadern, halten nicht zurück mit
Vorwürfen an den Miterzeuger des "Problems": Du könntest ja auch mal........!,
worauf dieser hilflos zurückgibt, bei ihm nütze das alles nichts: Er braucht halt Dich!
Dies wiederum wirkt besänftigend und motivierend und lässt jene Spezies geplagter
Mütter mit neuem Mut ins Kinderzimmer eilen.
Die andere Art mit der Misere umzugehen, ist die lächelnde. Zu dieser neigen vor allem Frauen,
die den Hang zur Übermutter haben. Nie würden sie zugeben, dass sie sich in eigenen
Bedürfnissen gestört fühlen. Mit Hingabe demonstrierender Geste opfern sie selbst
den letzten Rest an persönlicher Freiheit. Und auf die Frage: Soll ich nicht mal gehen!,
wird das Ehegespons sanft aber bestimmt in den Sessel zurückgedrückt: Lass nur, ich
mach das schon! Solche Frauen sehen ihre Bestimmung in der Brutpflege und stehen als
glänzendes Beispiel idealer Mutterschaft, allen anderen zur Nachahmung und Erzeugung eines
schlechten Gewissens.
Real denkende Beobachter gehen zurecht davon aus, dass hinter der lächelnden Fassade manch
geballte Faust zu finden ist. - Aber das würde frau nie zugeben.
Ob des verbreiteten Problems, ein Kleinkind zum Schlafen zu bringen, werden auch ausgefallene
Methoden gehandelt. Tatsache ist, dass die meisten Säuglinge durch Autofahren ermüden.
Eine meiner Freundinnen ging in ihrer Verzweiflung dazu über, den hoffnungslos brüllenden
Nachwuchs mitten in der Nacht ins Auto zu verfrachten und - selbst nur im Nachthemd bekleidet, durch
die Stadt zu fahren. Sie erreichte damit, dass binnen kurzer Zeit Ruhe im Kindersitz herrschte,
stand aber nun vor der Schwierigkeit, das schlafende Kind, ohne es aufzuwecken, in sein Bett
umzutopfen. Nachdem ihr das einige Male misslungen war, ging sie dazu über, den Wagen in
die Garage zu stellen und selbst im Auto zu übernachten. Man muss dazu sagen, dass sie nach den
ersten nächtlichen Exkursionen ihren Kleinwagen verkaufte und einen geräumigen Bus
anschaffte, in dem sich bequem ruhen ließ. Man kann sich leicht vorstellen, welche
Auswirkungen diese Vorgehensweise auf ihr Eheleben hatte.
Eine weitere Möglichkeit ist die Eierlikörmethode, die meine Großmutter entwickelte
um ihre Enkel zum Schlafen zu bringen. Sie tauchte den Schnuller solange immer wieder in den
Eierlikör, bis aus dem anfänglichen Gebrüll zunächst zufriedenes Grunzen wurde
und dann nur noch gleichmäßiges Schnorcheln zu hören war. Diese Strategie besticht
durch ihre hochprozentige Wirksamkeit und wurde in ähnlicher Form schon in früheren Zeiten
angewendet, indem man dem Säugling ein mit Kartoffelschnaps und Honig getränktes
Stoffknäuel in den Mund steckte, um den Familienfrieden in engen Wohnverhältnissen zu
erhalten.
Andere Taktiken sind bekannter, so das rhythmische Bewegen des Kinderwagens. Hierbei ist es von
größter Wichtigkeit, keinesfalls zu früh damit aufzuhören. Manche Kinder
stellen sich nur schlafend und brüllen sofort wieder los, wenn ihr Untersatz zum Stillstand
kommt. Junge Mütter sieht man gelegentlich mit seltsam zuckenden Armbewegungen einhergehen.
Was aussieht , wie eine Schüttellähmung, ist das Ergebnis eines habituierten
Bewegungsablaufs, der derart geprüften Frauen zur zweiten Natur geworden ist.
Darüber hinaus gibt es jede Menge Spieluhren, die süßliche Melodien abspielen und
etwa drei Minuten für Ruhe sorgen, was bedeutet, dass sie nach jenem Zeitraum wieder aufgezogen
werden müssen. Es wird auch berichtet, dass Entspannungsmusik erfolgreich eingesetzt wurde.
Mein Jüngster zeigte dagegen allerdings Resistenz, schlummerte aber seelig ein, als es
anlässlich eines Festes in einem Urlaubsort mit ohrenbetäubender Rockmusik zur Sache ging.
Falls es weitere Möglichkeiten gibt, zur nächtlichen Ruhe zu kommen, bin ich für
Zuschriften dankbar.
Schlaf ist wohl die wichtigste Eigenschaft, die ein Säugling an den Tag - und vor allem an die
Nacht legen sollte.
Denn nicht nur für die physische und psychische Gesundheit der Mutter sind
regelmäßige Ruhephasen des Kindes von Nöten. Auch für die sogenannte
Ehehygiene bedarf es eines gesunden Schlafes von mindestens 15 Minuten Dauer zu geregelten Zeiten.
Natürlich schläft jedes Kind, - und wenn es aus Erschöpfung ist, ab und zu ein
Viertelstündchen. Das eigentliche Problem ist das Timing. Herrscht Ruhe im Kinderzimmer ist
nicht immer ein Ehemann zur Hand, weil dieser sich im Büro oder im Tiefschlaf befindet. Und:
Schnell, die Kleine schläft gerade!, ist nicht unbedingt die Aufforderung die Ihn oder
Sie zu erotischen Höhenflügen animiert.
Hat man es endlich geschafft, die Gunst des Moments doch noch zu nützen, muss alles sehr
schnell gehen. Das Babyphone ausschalten, rein ins Dessou, ab ins Bett. Jetzt ist es nur noch eine
Frage der Konzentration, die Dinge zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Ich habe mir sagen lassen,
dass mit Ohropax befriedigende Ergebnisse zu erzielen sind. Obwohl Frauen häufig darüber
klagen, sie seien doch recht abgelenkt und bemühten sich, zwischen den Geräuschen ihres
Ehemannes, darauf zu achten, ob auch wirklich keine Laute aus dem Nebenzimmer dringen.
Ungestört laufen solche eheliche Vergnügungen nur zu etwa 50% ab, da
erwartungsgemäß der Nachwuchs mittendrin sein Recht fordert. Trotz beiderseitiger
ernsthafter Absicht, ihn nicht zu beachten und diesmal Konsequenz zu zeigen, muss der Vorgang dann
oft doch unvollendet abgebrochen werden, weil der Geist zwar willig, das Fleisch aber, ob der
elterlichen Pflichten, schwach geworden ist. Der Vorteil jenes
Zeitabschnittes eingeschränkter sexueller Aktivität ist ein deutlicher Minderverbrauch an
Verhütungsmitteln, der allerdings durch Ausgaben für Höschenwindeln mehr als
wettgemacht wird.
Nach alter Bauernregel sind Schrei - Gedeihkinder. Mit Hilfe des Müttergenesungswerkes,
Baldrianpillen und unendlicher Liebe, ist es zu schaffen, die Monate oder gar Jahre durchwachter
Nächte durchzuhalten. Es gibt sogar einige Ehen, die die damit einhergehenden Widrigkeiten
überdauern. Jedenfalls ist noch aus jedem Schreikind ein ganz normaler Sprössling geworden,
- eher oder später.
Denn: Nichts bleibt wie es ist!
Haben Sie eigentlich schon einmal versucht, einen Dreizehnjährigen dazu zu bringen,
pünktlich aufzustehen?
Brigitte am 11.04.00
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