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Ein ganz mieser Sommer

Es wollte damals, so ungefähr 1975 oder noch früher, einfach nicht Sommer werden. Die Kühe auf den Alpen (Almen) hatten Husten. Es regnete und regnete. Wir waren mit unseren Kindern auf dem Campingplatz. Drei Wochen hatten wir mieses Wetter, aber nie kamen wir entspannter zurück.
Denn, alle Bücher waren gelesen, alle Briefe geschrieben. Man konnte wirklich nichts anderes tun.
In einem der folgenden Jahre war es wieder nicht so toll. Wir waren mit unseren Söhnen im Einkaufszentrum, noch vor den Sommerferien. Für diese war schon alles geplant. Die Söhne ins Ferienlager und wir zum Camping, damit mein Mann angeln konnte. Im Einkaufszentrum war eine ganze Abteilung belegt mit Zelten, Campingtischen und was man halt so benötigt, oder auch nicht. Da stand ein hübsches, kleines Hauszelt.
"Ja, das sollte man nun kaufen und einfach abhauen. Die Kinder sind versorgt, wir könnten ja machen, was uns beliebt." So sprachen mein Mann und ich und lachten dabei. Die beiden Söhne fingen an zu hänseln: "Das tut ihr ja doch nicht. Nie und nimmer tut ihr das."
Mein Mann und ich schauten uns an. Soso, so ist das also. Wir sind Feiglinge. Dann wollen wir doch mal sehen.
Wir kauften das Zelt. Die Söhne hänselten immer noch. Dann fuhren wir zum Wochenend-Camping. Wir organisierten alles für drei Wochen. Bekannte brachten und holten Daniel und Raymond zur und von der Bahn. Dann konnten sie eine Weile alleine auf dem Camping bleiben, überwacht von den Nachbarn. (Die beiden waren ja keine Kleinkinder mehr). Der Platzwart wurde benachrichtigt.
Wir fuhren tatsächlich los. Die Ente vollbepackt. Richtung Westen. Ohne Plan, nur Westen war wichtig.
Durch das Burgund. Dann nach Süden. Durch das Zentralmassiv.
Schliesslich an den Atlantik nach Labenne, etwas nördlich von Bayonne. Es war einfach wunderbar. Das schlechte Wetter war in der Schweiz geblieben, für uns wurde es schöner, je weiter wir nach Westen kamen. Alle zwei bis drei Tage riefen wir meine Eltern an. Dasselbe taten die Leute vom Camping. Ja, organisieren kann ich.
In Labenne lernten wir am Strand ein älteres Ehepaar kennen. Der Mann war am Brandungsfischen. Klar, dass mein Mann sofort anfing zu fachsimpeln. Wir wurden Freunde. Eine Freundschaft, die sich bis heute hält.
Nach einigen Tagen fuhren wir weiter, durch das Baskenland bis nach Kantabrien. In Laredo verliebten wir uns in die Nordküste von Spanien.
Aber die Zeit wurde knapp. Also über das Kantabrische Gebrige nach Burgos und durch das Rioja an die Costa Brava. Dort besuchten wir Freunde aus der Schweiz, die in Begur ein Haus hatten. Schliesslich, nach drei Wochen kamen wir wieder zurück. Glückselig.
Auch die Söhne hatten es wunderbar. Damals sagte man noch nicht "cool", nein, es war "fetzig". Unser Wohnmobil war zum Freizeitzentrum der Jungen auf dem Camping geworden. Wir wurden diesen Ruf nie mehr los. Im darauf folgenden Jahr war es schon im April sicher, dass wir es wiederholen würden.
Meine Schwester, verheiratet mit einem Gallego, fragte mich an, ob ich vielleicht in Galicien das Haus und die Freunde ihres Mannes besuchen könnte. Sie selbst wollte nicht hinfahren, sie hatte schlechte Erfahrungen gemacht.
Ja, wir taten es. Wir fuhren, mit einer Foto der Nachbarin im Portemonnaie (entschuldigt die alte Schreibweise, die neue tut mir im Kopfe weh) quer durch Frankreich und quer durch Spanien nach Galicien.
Wir sprachen überhaupt kein Spanisch. Gut, ich hatte in den Sechzigern mal Spanischunterricht gehabt, zwei Jahre lang. Aber das war lange her. Klar, ich konnte noch einige Brocken aus dem "Keller" kramen. Wir zeigten die Foto in der Cantina des Dorfes herum. Ja, man erkannte Carmen mit der kleinen Elisa. Und man führte uns zu ihrem Haus.
Eine kleine, energische Frau stand dort und schaute mich überrascht an. "Bist Du Hildegard?" fragte sie mich. Nein, die war ich nun wirklich nicht. Und dann, als wir das Rätsel auflösten, da waren wir natürlich willkommen. Man redete französisch miteinander, denn Carmen und Victorino lebten einige Jahre in der Westschweiz und in Frankreich.

Das Haus meines Schwagers war eine Ruine. Schrecklich anzusehen, denn wir Schweizer waren solcherlei Gemäuer nicht gewohnt. Total überwuchert von wilden Brombeeren und Efeu. Das Holz zum grossen Teil vermodert, das Dach eingefallen.

Nach ein paar Tagen reisten wir wieder ab, zurück in die Schweiz. Etliche Filme vollgeknipst mit Aufnahmen vom Haus, von Carmen samt Familie, von Abuela Isabel, von den Nachbarn.

Mein Schwager war nicht erbaut. Er empfand es als Einmischung in seine Angelegenheiten, hatte uns aber vorher nichts davon gesagt. Nein, er wollte uns das Haus nicht verkaufen. Nein, er wolle überhaupt nichts wissen von alledem. Nein, wir sollten nicht wieder hingehen. Und überhaupt, wir sollten ihn in Ruhe lassen.

Ja, wir liessen ihn in Ruhe. Aber Galicien hatte uns gepackt. So schön, so wild, so unglaublich. Im folgenden Jahr fuhren wir wieder hin. Wir beschlossen, uns hier einen solchen "Steinhaufen" zu kaufen. Einige Jahre später hatten wir ihn. Diesen, unseren. Und jetzt wohnen wir schon seit über elf Jahren hier. Viele Jahre kamen wir immer her, um zu arbeiten, um die Ruine halbwegs bewohnbar zu machen, die Wildnis rund um das Haus auszulichten. Die Nachbarn hielten uns für verrückt. Waren wir ja auch, aber so etwas spricht man doch nicht einfach aus.

Ein mieser Sommer war der Urgrund zu unserem heutigen Leben. Ein Leben, das wir um nichts in der Welt wieder tauschen würden.

Verena am 13.09.04


wunderschöne Stiefmutterlinie

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