Unsere Stute Sinda ist nun zweieinhalb Jahre alt und lebt meistens auf
der Weide. Ihre Hufe nutzen sich fast nicht ab, also müssen sie
geschnitten werden. Da nun das Gewöhnen an Sattel und Gewichte beginnen
soll, war es Zeit, an Hufeisen zu denken. Hufschmied! Was zum Kuckuck
heisst HUFSCHMIED auf spanisch? Gut, dass ich ein dickes, sehr
zerfleddertes Wörterbuch habe. Herrador. Also, gelbe Seiten: Herrador:
NADA. Galicische gelbe Seiten: Ferrador: NADA. Manchmal muss halt die Buschtrommel her. Logischerweise fragte ich zuerst in der Reitschule. Cristina nannte mir die Telefonnummer ihres Hufschmiedes, fügte aber sofort hinzu, dass er nur komme, wenn er in der Gegend zu tun habe. Nur wegen eines einzigen Pferdes lohne sich für ihn der Einsatz nicht. Logisch. Schien mir auch weiter kein Problem zu sein. Jose Antonio und Lolo kamen vorbei und schnitten schon mal etwas von den Hufen ab. Sinda war zwar nicht sehr erfreut, aber auch nicht bockig. Ich rief also Nando, den Hufschmied aus Moeche an. Nein, er könne nicht kommen, er sei noch einen Monat arbeitsunfähig, da er ein böses Bein habe. Macht nichts, ich riefe dann in einem Monat wieder an. Ein Monat verging. Natürlich erzählten wir, dass nun der Hufschmied bald komme. Sofort waren rund herum alle Leute Experten. Egal, ob Pferdehalter oder nicht. Nein, du musst nicht Nando aus Moeche anrufen, der ist brutal. Der hat keine Geduld. Da gibt es einen in San Claudio, der arbeitet nur am Samstag. Der ist besser. Leider weiss niemand, wie der gute Mann heisst. Ich erkundigte mich beim Futterhändler. Der Kreistierarzt hat dort ebenfalls seinen "ambulanten Arbeitsplatz" (er ist öfters dort als sonstwo). Das ist praktisch für mich, ich weiss fast immer, wo ich ihn finden kann. Also, dorthin und fragen. In San Claudio? Kenne ich nicht. Ja doch (sagte der Futterhändler), da ist doch Pancho, der, der bei González arbeitet, der ist Hufschmied. Lange und umständlich wurde mir eine Wegbeschreibung zu seinem Haus gegeben. Ich versuchte es. An San Claudio fährt man nur auf der grossen Strasse vorbei. Nun aber musste ich in den alten Dorfkern hinauf. Auf dem Weg dahin kam ich an einem alten, offensichtlich neu renovierten Herrensitz vorbei. Die Mauer und das Haus sind grell pink bemalt, alle umlaufenden Simse und die Balustraden hellmelone oder so was. Hatten wir doch schon mal, oder? Im Dorfkern sind die Strassen sehr eng. Überall gibt es Abzweigungen. Da sah ich zum Glück einen Mann in ein Haus gehen. Ich trat aufs Gas und kam dann gerade noch rechtzeitig etwas schliddernd neben ihm zu stehen. Ja, Pancho kennt er. Er stieg ohne weiteres ins Auto, rief seiner Frau durch die offene Türe zu, sie soll das Essen schon mal auf den Tisch stellen, er sei sofort zurück. Wir fuhren noch etwa hundert Meter um drei Kurven. Dann waren wir schon da. Pancho sei nicht zuhause. Er arbeite. Seine Frau Pacita erklärte mir aber, dass Pancho nicht mehr beschlägt. Er hat einen bösen Rücken. Also alles für die Katz. Ich fuhr zurück, auf einem anderen Strässchen, denn wenden war nicht möglich, und kam wieder an der rosaroten Mauer vorbei, diesmal von der anderen Seite. Ich traute meinen Augen nicht: Die eine Fassade des Hauses besteht fast zur Gänze aus einer türkis farbenen Fensterfront. Na ja, fröhlich halt. Wieder zuhause kramte ich nach der Telefonnummer von Nando. Verloren.
Verflixt und zugenäht. Ordentlich sollte man sein! Cristina war nicht
da, in der Reitschule wisse sonst niemand etwas. Ich rief auf dem
Gemeindeamt in Moeche an. Bei Sánchez, wo mein Mann hie und da ein Bierchen trinkt, erzählte man ihm wahre Schauermärchen über Pferde, die zum ersten Mal beschlagen werden. Drei Mann mussten einen Hengst festhalten, weil er immer wieder stieg. Und das andere Pferd rannte einfach weg. Man müsse sehr aufpassen, so ein Pferd, das zum ersten Mal beschlagen wird, kann dich töten oder dir alle Zähne ausschlagen. Etwas besorgt war ich schon, obwohl ich nun ja weiss, dass viel geredet und viel übertrieben wird. Also: Pedro anrufen und auf Nummer Sicher gehen. Mach dir keine Sorgen, sagte er, das schaffen wir schon. Sollte sie sich zu dumm anstellen, kriegt sie eine Beruhigungsspritze. Ich atmete auf. Sinda ist ja wirklich eine liebe Stute. Friedlich, aber eigensinnig. Manchmal kickt sie. Besonders, seit Anxelina, das sechs Monate alte Stutfohlen bei uns ist. Wir werden ja sehen. Dienstag, es hupt, Pedro ist da. Erstaunlich. So eine mobile
Hufschmiede ist wirklich sehenswert. Jeder Zentimeter des Berlingo ist
genutzt. Sogar eine Esse hat er, mit Gas betrieben. Ohne Beruhigungsspritze. Verena am 27.11.03 |
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