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Brief an einen 20jährigen

Lieber Wolfgang,
............. Unsere Zeilen mögen Dich als Zeichen unserer Verbundenheit begleiten und stille Zwiesprache mit Dir halten. Es scheint mir sogar gut, daß ich das, was ich mit Dir sprechen wollte, Dir nun schreiben muß. Mündlich kann ich das, was ich dem anderen sagen und geben möchte, nie in die rechten Worte fassen, ja forme oft ganz ungeschickte Worte vor lauter innerer und äußerer Hemmungen. Hingegen in der Stille des Schreibens löst sich dies alles und vermag nun in seiner ganzen Wärme dem anderen zuströmen und so zu einem rechten Gedankenaustausch zu werden. - Lieber Wolfgang, hab Dank für Dein Vertrauen, durch das wir an Deinem inneren Suchen ,Streben und Wachsen teilnehmen können und um Deine oft sehr schmerzliche Vereinsamung wissen. Du wirst es spüren, wie wir Dich innerlich Schritt für Schritt begleiten und Dir gerne so manches Häßliche in Deinem Leben fernhielten. Und doch müssen wir einsehen, daß wir Dir ja gar nicht all das vermeintlich Böse und Feindliche fernhalten dürfen, selbst wenn wir es könnten, eben um der kraftvollen Entwicklung Deines eigenen Wesenskernes willen. Deine Seele soll eben in Wind und Wetter so erstarken, daß sie in all den Stürmen des Lebens nicht wie eine Treibhauspflanze geknickt wird, sondern sich in Reinheit und Stärke bewährt und wiederum dann anderen zum Halt und erstrebenswerten Vorbild werden kann! Freilich, ohne Sonne geht es auch hier nicht. Nur Regen und Wind geben kein harmonisches Ganze, ebenso wenig wie Glashaus und nur Sonne. Ein allzu wohlbehütetes Menschenkind ist dem Teibhauspflänzchen vergleichbar und verlangt leicht auch späterhin nur noch nach dem sonnigsten Plätzchen, kann somit zu einem rechten Egoisten werden, weil es keine anderen Kräfte entfalten gelernt hat. Andererseits lernt ein Wind - und Regenmensch das Leben immer nur von der trüben Seite kennen, kein Wunder, wenn er selbst dann alles nur trübselig und mißgestimmt sieht, weil er ja die wärmenden Strahlen und herzerweckenden Kräfte einer Sonne in seinem Leben nie erlebt hat. Erst in der rechten Verbindung und im Zusammenwirken aller Kräfte entsteht die Harmonie. Wir sehen daher unsere Aufgabe darin, Dir nichts vorzuenthalten, was Dich für Deinen weiteren Lebensweg stärken könnte, sondern dafür etwas, was in Deinem bisherigen Leben zu kurz kam, ganz besonders zu pflegen: Die Herzenswärme, in der Du recht gedeihen mögest! Damit sind wir auch bei Deinem gegenwärtig vielleicht wundesten Punkt, Deiner Vereinsamung. Lieber Wolfgang, wir können Dir diesen Zustand sehr gut nachempfinden, sind wir doch beide mehr oder weniger selbst einmal hindurchgegangen. Und nun laß mal den Kopf nicht hängen und sei ganz ehrlich zu Dir selbst. Wenn Du nämlich suchen würdest, ich glaube, Du fändest unzählige Menschen der verschiedensten Alterstufen, denen es wie Dir oder noch viel schlechter geht, vor allem sogar solche, die bereits ihr Leben mit einem anderen verkettet haben und sich dennoch einsam und verlassen fühlen. Was ist das für ein trauriger Zustand! - Warum trifft man letzters überhaupt an? Weil hier Menschen oftmals in einem Sinnenrausch oder übereilt in der Sorge, keinen Partner mehr zu finden oder auch nur, um nicht mehr allein zu sein, eine Verbindung eingehen, die aber den mancherlei Prüfungen und äußeren oder inneren Nöten, die gemeinsam bestanden und gelöst werden wollen, nicht gewachsen ist. Zu einem gemeinsamen Erdenweg gehört unendlich viel Selbsterziehung und Opferwilligkeit mit Aufgabe des egoistischen ICHS, um im „Du" nun aufzugehen, daß daraus ein Miteinander und kein Gegeneinander in den Notzeiten und Stürmen des Lebens werde. Im Du aufgehen bedeutet nicht, sich aus Schwäche selbst aufgeben und nur blind und haltlos dem anderen ergeben sein. Aber sich gegenseitig im Guten stärken und unterstützen und einander helfen, um sich allmählich aneinander und miteinander emporzuranken, das bringt mit sich, daß die eigenen egoistischen Triebe verwandelt werden zum gemeinsamen Guten. Nur zu leicht springt im jugendlichen Feuer der Funke der Begeisterung zu einem Wesen des anderen Geschlechts über, um sich mit ihm fürs Leben zu verbinden. Ob dieses Feuer aber für einen gemeinsamen Weg durch Dick und Dünn ausreicht, das fragt die Liebe zu diesem Zeitpunkt meist nicht. Und doch ist das so eine entscheidende Frage! Freilich vermag kein Mensch vorauszusehen, welche Prüfungen und Nöte künftig durchzustehen sind und ob beiderseitig die Kräfte dafür ausreichen werden. Aber das ein langer Erdenweg vor uns liegt, der uns, so lange er auch ist, immer wieder vor neue Aufgaben und Entscheidungen stellen wird, ein ganzes langes Leben lang, das können wir uns nicht oft genug vor Augen stellen. Wie sagt Schiller:
Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet; der Wahn ist kurz, die Reu ist lang!" Sind wir selbst und ist der erwählte Partner bereit, einen vielleicht sehr beschwerlichen Weg durch Sorgen und Nöte mit dem anderen zu gehen? Denn alles Äußere, wie
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Gesundheit, Schönheit, Kraft sind vergänglich, sind Erscheinungsformen der Jugend, führen jedoch in vielen Fällen junge Menschen zu einer Bindung fürs Leben zusammen. Doch was wird dann, wenn der andere, der uns ehemals in seiner jugendlichen Frische und Schönheit entzückte, anfängt zu altern oder erkrankt und all das, was uns zusammenführte, früher oder später einbüßt? Und nicht nur der andere, sondern wir selbst unterliegen ja den gleichen Lebensgesetzen. Was dann, wenn die Zuneigung des anderen sich auf unser Äußeres aufbaute? Arbeiten wir aber an unserem inneren Menschen, daß er gesund, schön und kraftvoll werde und suchen in dem anderen Wesen die innere Schönheit und Gesundheit, die schöne Seele, dann begründen wir in einer solchen Verbindung etwas, das die Vergänglichkeit äußerer Schönheit überdauert. Wenn wir nun in dem anderen die inneren Werte suchen und der andere in uns eine schöne, kraftvolle Seele finden soll, da müssen wir doch wohl erst einmal sehr an uns selbst arbeiten, damit wir auch liebenswert für den Menschen werden, den wir selbst suchen. Ein solches Ideal begegnet uns aber nicht auf Schritt und Tritt, ist kein Massenmensch. Also dürfen wir auch nicht unruhig werden, wenn wir unser „Du" lange suchen müssen und erst viel später als unsere übrigen Kameraden finden dürfen. Im Gegenteil, wir dürfen für die uns auferlegte Wartezeit dankbar sein, werden wir doch durch die Prüfungen dieser Zeit reifer und können innerlich dadurch wieder ein wenig wachsen, unserem Du entgegen. Du bist nun 20 Jahre und vielleicht auch alt genug, dich einer Frau, die zu Dir paßt, zu nähern. Es könnte, aber es muß noch nicht sein. Der Massenmensch mag in diesem Alter unruhig werden, weil seine Erfüllung ja im Sinnlich - Physischen liegt. Je mehr sich aber ein Mensch dem Geistigen zuwendet, umso mehr wird er sich für das innerlich und äußerlich vorbereiten, was ihn einmal mit einer Schwester - oder Bruderseele vereinen und beglückend emporführen soll. Wir wissen zwar nicht, wann wie einander begegnen werden, aber das eine dürfen wir wissen, wenn uns ein Lebenskamerad bestimmt ist, daß dann auch die Stunde kommen wird, wo unsere Wege sich kreuzen und wir einander erkennend uns finden und angehören dürfen. - Lieber Wolfgang, hast Du auch schon einmal daran gedacht, daß zu einem gemeinsamen glücklichen Lebensweg die Partner durchaus nicht immer im gleichen Alter stehen müssen? Könnte es nicht sein, daß Dein zukünftiger Lebenspartner etwas oder sogar wesentlich jünger als Du wäre? Das würde bedeuten, daß dieser Altersvorsprung dazu dienen soll, Dich innerlich noch zu vervollkommnen, noch mehr Deine inneren Kräfte zu entfalten und reif zu werden, für den Menschen an Deiner Seite. ...........
Unsere Schicksalswege und Menschenbegegnungen sind oft so wunderbar. Nur vermögen wir das in jugendlicher Ungeduld oft nicht zu erkennen.Erst viel später lernen wir das dankbar einsehen, warum unser Weg gerade so gehen und oftmals so schwierig sein mußte. Sieh, eine so herzliche,beiderseitige Zuneigung verbindet uns nun. Meinst Du, wir hätten diese Zuneigung erworben, wenn wir nicht beide auch durch manches Schwere gegangen wären und einander hätten zuwachsen dürfen? Glaube mir, unser ganzer Weg wird dann am schönsten sein, wenn wir liebend einander helfen und uns immer um das rechte Erkennen und innere Wachsen bemühen. - ..........
In treuem Gedenken und Verbundensein Deine L.B.
Wolfgang Nadler

Wolfgang Nadler, ein ehemaliger Polizeihauptkommissar, entdeckte erst im Ruhestand seine dichterische Ader.
Wie wir jetzt erfuhren, starb er 1999.

 

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