Der Mann als Beifahrer
Hallo Birgit,
klar, die Weiberecke geht uns Männers absolut nichts an. Aber die Neugierde
weißte, die
NEUGIERDE !
Also, das mit dem Beifahrer, das kommt mir irgendwie seltsam bekannt vor. Laß
mich mal nachenken. Wie war das auch wieder ?
Hmmm ja, das war ungefähr so:
Zu Anfang war nicht das Feuer, sondern ein klapperiger rostiger 2CV mit ganzen 12
PS und 65 St/Km Höchstgeschwindigkeit. (Als Schneepflug war er unschlagbar.) Das
muß so ungefähr ziemlich genau 273.003 Lichtjahre her sein. Meine damals
Innigste und ich teilten uns dieses Gefährt geschwisterlich, sowohl als
FahrerIn, BeifahrerIn, PutzerIn usw.. Nur Zahlen durfte ich ganz allein. Wer
gerade nicht fuhr guckte aus dem Klapfenster, las die "TWEN" (wer erinnert
sich?) oder schlief. Worüber wir auch immer uns gelegentlich gestritten haben,
"Fahren" gehörte nicht dazu. Fahren und fahren lassen war selbstverständlich.
Viele viele Lichtjahre und Innigsten, sowie zahllose hunderttausende Kilometer
später ......
Ich gelte, wie einst, im Bekanntenkreis als ein durchaus liebenswerter Mensch
und dergleichem mehr. Die gerade aktuelle Innigste genießt es, trotz eigenem
Führerschein und Pkw sehr, sich von mir in meiner Kiste herumkutschieren zu
lassen. Kein Wölkchen am Himmel ...
Bis eines Tages es sich ergibt, daß ebendiese Innigste mich mit ihrem eigenen
Gefährt wohin fährt. Und da nimmt das Unglück unwiederruflich seinen Lauf.
Dieser liebenswerter Mensch fängt "me-nothing-your-nothing" an, quasi ohne Luft
zu holen, an der Fahrweise seiner ansonsten doch so Angebeteten herumzunörgeln.
Was heißt da "nörgeln". "Ausflippen" wäre wohl das treffendere Wort. Es fallen
so unschöne Wörter wie: "Verhehrsrowdi", "Gefahr für die Menschheit" und
"Zumutung". Gar vor Ausdrücken wie "......", ",,,,,,," und gar ";;;;;;;"
schreckt er nicht zurück. ('tschuldigung, ich weiß, es gehört sich nicht, im
Internet solch unpolierte Ausdrücke zu verwenden, aber ich muß nun mal bei der
Wahrheit bleiben.)
Das besserte sich nicht, sondern wurde tendenziell eher schlimmer. Und ermutigte
diese und sprätere Innigste nicht unbedingt dazu, auf gemeinsamen Ausflügen
auch mal selbt das Kfz-Steuer in die Hand zu nehmen. (Sonstige Steuerhoheiten
blieben davon merkwürdigerweise gänzlich unberührt.) Es bürgerte sich eher diese
"Regel" ein: auf gemeinsamen Fahrten fährt, zwecks Vermeidung unausstehlicher
Launen, der ansonsten durchaus Vorzeigbare.
Mittlerweile gibt es zwei Personen, bei denen ich als Beifahrer kommentarlos
bleibe: mein herzallerliebster Freund Heinz, der mindestens so vorausschauend
und defensiv fährt, wie ich mich einbilde es zu tun; und meine Holde, bei der
ich, mit einem virtuellen Klebestreifen über den Schnabel, mich um eine
möglichst unauffällige Atmung bemühe.
Erklärung dieses widernatürlichen Vorganges ? Ich habe schlicht SCHIß ! Und zwar
gleich viel, egal ob Fahrer oder Fahrerin. Ich fürchte um mein Leben, jede
einzelne Sekunde der Fahrt. Ich erleide eine innere Panik, die ich weder
wiederstehen, noch beherrschen kann. Ich bewege mich am Rande des Herzkasperles
und des Ausbruchs akkuter Paranoia. Magenkrämpfe, Atemnot, blutrünstige
Crashfantasien, ein nahezu unbezähmbares Bedürfnis in schrillsten Tönen zu
kreischen und derartigen Unlustgefühlen mehr, überschatten mein ansonsten
menschenfreundliches Gemüt. Im schlimmsten Falle drohe ich, die läppischen 350
Kilometerchen zu Fuß nach Hause zu gehen. Bei einigen Leuten fahre ich einfach
nicht mehr mit. (Das sind übrigens ausschließlich Männer, die sich an meiner
Panik überhaupt nicht stören, ja erst recht noch einen Zahn zulegen, mit der
immer wiederkehrende Beschwörungsformel "ich-weiß-nicht-was-du-hast-es-passiert-
doch-nichts", die eher für Testpiloten und Panzerfahrer typisch ist.)
Wie gesagt, ansonsten gelte ich als duchaus vorzeigbar. Aber als Beifahrer ...!
Tja, Birgit, falls Dein "ansonsten Vorzeigbarer" auch so'n Panik-Typ ist, so
hilft nur eins: weigere Dich kategorisch ihn zu fahren. Laß ihn zur Not mit dem
eigenen Pkw hinterher fahren. Nee, besser vorweg, sonst nörgelt er dennoch. Es
schont zwar nicht die Ozonschicht, aber die Nerven und die Beziehung dafür
ungemein.
Als Leidensgenosse der anderen Seite grüßt Dich herzlich,
Leo Lauwers
vom 11.01.97 als Antwort auf Birgits
"Mein Mann, der Beifahrer" in der Weiberecke