Wenn Frauen mit Männern reden.
Männer können sehr verständnisvoll sein. Und Männer können sehr aufmerksame Zuhörer sein. Das ist es auch, was wir Frauen an ihnen lieben. Auch die Ruhe und Stärke mit der sie Aufgaben verteilen, z.B. Kondome zu besorgen oder die Nachbarin zu fragen, warum sie ihr Kind den ganzen Tag schlägt, beeindruckt uns an den Männern. Männer wirken ja aus der starken Position der Übersicht heraus. Ohne diese Lotsenfunktion einer sicheren Führung durch das Wirrwar der Leuchtfeuer, käme unsere Stärke, das Wirken der Basistatkräfte der Frau nicht zur Geltung.
Die Gedanken der Frau sind kürzer. Das liegt an der Perspektive. Schaut der Mann, sieht er den Horizont und seine Gedanken gehen nicht selten darüber hinaus. Schaut die Frau sieht sie den Mann und nicht selten auch ein paar Kinder, und ihre Gedanken auch wenn sie sich noch ein wenig weiter schlängeln haben ihren Ursprung und ihre Richtung doch immer in diesem Getümmel.
Natürlich hat das Auswirkungen auf das Reden. Wenn Männern mit Frauen reden dann müssen sie zwangsläufig aneinader vorbei reden, wenn sie sich die oben beschriebene Konstellation nicht vor Augen halten. Es ist also bereits vor dem Miteinander Reden ein Verständigungsprozeß notwendig über die Art und Weise des Miteinander Redens.
Das wird oft übersehen und führt dann leicht zu Unmutäußerungen wie: "Immer wenn ich mit ihm reden will, hat er keine Zeit". Oder: "Andauernd will sie mit mir über unsere Beziehung reden". Daß Männer durchaus in der Lage sind, ihren Kopf auch mal aus der Lotsenkanzel herauszunehmen und nach unten zu schauen und nicht nur dann, wenn es um die vordergründige Umsetzung der Anforderungen weiter unten angebrachter Organe geht, ist bekannt. Ja, es ist sogar so, daß Männer, wenn sie sich auf die Perspektive unterhalb des Schultergürtels einlassen hier den Frauen in nichts nachstehen. Im Gegenteil, der Vorwurf, Männer könnten keine Gefühle zeigen geht völlig an der Sache vorbei. Nur ist es eben so, daß der Mann zum Professionalismus neigt. Den Akt der Offenlegung seiner Gefühle betreibt er nicht einfach so und nebenbei sondern wenn, dann absolut, vollständig und konsequent. Die Gründung einer Auch-Männer-können-weinen Initiativgruppe ist dann das Mindeste.
Viele Beziehungen zwischen Männern und Frauen scheitern daran, daß eben diese Basiskonstellation mißachtet wird. Wenn wir Frauen nur noch nach oben rufen: "Das Essen ist fertig" oder "Hast Du den Müll schon rausgebracht", darf es uns nicht wundern, wenn auf den Ruf "Ich muß mal mit Dir reden. Wer ist eigentlich diese Elke, die gestern hier angerufen hat?" nur die Rückmeldung "Danke, ich hab jetzt gerade keinen Hunger" kommt.
Elke Eibelmeier am 28.06.98
