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Ganz Eurer Meinung!
Man sagt ja, es sei nicht möglich, nicht zu denken. Schon gar nicht, wenn man es versucht.
Völlig unwissenschaftlich, diese Behauptung. Ich habe empirisch ermittelt, daß mein Mann nicht nur fähig ist, gar nicht zu denken, sondern dies auch nahezu rund um die Uhr praktiziert.
Wie also soll es möglich sein, nicht vorhandene Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen?
Wir haben inzwischen Gesprächsrituale entwickelt, die immer damit beginnen, daß ich 'mal wieder etwas nicht mehr schlucken kann, daß es so nicht weitergeht und daß ich es 'mal wieder ansprechen muß.
Dabei weiß ich aus achtjähriger Erfahrung, daß dieses Gespräch nichts nützen wird, alles beim Alten bleibt, ich gefrustet sein werde und hinterher einmal mehr entscheiden muß, ob ich so wie bisher weitermache oder gehe.
Warum ich das Gespräch dennoch führen muß?
Keine Ahnung. Wahrscheinlich sind Frauen auf ihre Art auch konditioniert und müssen eben reden, wo Männer eben schweigen.
Jedenfalls bemerkt mein Mann in diesen Ritualen mit leichter Verzögerung, daß es sich hier um ein Gespräch (!!) handelt. (Völlig verwirrende Titulierung, Monolog ist viel zutreffender.) Ich kann förmlich sehen, wie er zunächst abcheckt, ob meine Regel vor der Tür steht und ob das letzte Gespräch ca. 4 Wochen her sein könnte.
Danach sehe ich, wie sein Geist(?) seinen Körper verläßt, und ich lege loß, rede mit Engelszungen, bedenke auf's Feinste die empfohlenen Ich-Botschaften, vermeide Vorwürfe, versuche, meine Gefühle und Bedürfnisse darzulegen, frage gelegentlich nach Zustimmung oder Gegenargumenten.
Aber mein Mann ist Toningenieur und hat schon lange gelernt, ein "Hinterband" mitlaufen zu lassen.
Bei auffälliger Pause meinerseits spult er kurz zurück, um eine etwaige Frage zu finden, auf deren Beantwortung ich warten könnte.
Oft findet er die richtige Stelle und gibt ein "jaja, schon richtig" von sich. Manchmal findet er auf dem Band auch Begriffe, die ihm instinktiv unsympatisch sind; sofort ist mir ein "so bin ich nicht" sicher.
Ich habe es getestet:
wenn ich versuche, die gleiche Eigenschaft positiv darzustellen, erkennt er sich augenblicklich darin wieder. Macht der Begriff keinen so guten Eindruck, kann die Eigenschaft nicht zu ihm gehören.
Wen interessiert es, was er wirklich für ein Mensch ist?
Naja, später jedenfalls eskaliert dann alles, ich bin gefrustet und muß mich wieder 'mal entscheiden, ob ich wie bisher weitermache oder gehe.
Merkt man es mir an?
Ja, ich bin auch zur Zeit gefrustet!!!!!!!!!
Weil frau zu oft allein ist mit der Beziehungsarbeit, mit der Grübelei, mit den Schuldgefühlen, weil frau mit jedem kaputten Gespräch den Weg weiter zuschüttet und es doch nicht lassen kann.
Das Absurde daran ist, daß unsere Beziehung für meinen Mann okay wäre, gäbe es diese Gespräche nicht...
Liebe Grüße,
Andrea am 10.02.02