16.05.1997
Ich glaube, ich weiß, weshalb Felix mich geheiratet hat.
Es ist so, daß unsere Romanze mit tiefer, gegenseitiger Abneigung begann. Ich hielt ihn für den unbegabtesten
Kellner, den mein Lieblings Irish Pub in Köln hatte - wofür er mich hielt, hat er mir nie en detail verraten.
Tatsache ist nur, daß es bei mir irgendwann mal heftig gefunkt hat und ich bisher dachte, ihm sei es
ähnlich gegangen. Mittlerweile bin ich der Ansicht, daß er bei seiner Abneigung geblieben ist und
beschlossen hat, mich langsam, ganz langsam in den Wahnsinn zu treiben!
Und wie könnte er das besser tun, wenn nicht als mein Ehemann, ständig in meiner Nähe?
Ich fürchte fast, daß die Idee zu dieser perfiden Angelegenheit von mir selbst kam. Ich hatte eine
winzige Wohnung gemietet und viel Ärger mit der Hausverwaltung. Das Problem war, daß meine
Wohnung, winzig wie sie war auf 2 Etagen aufgeteilt war und der einzig größere Raum einen
Parkettschaden hatte - mitten im Zimmer natürlich, der nicht ausgebessert wurde.
Eine Zeit, in der ich übrigens gute Erfahrungen mit dem Mieterbund in Köln gemacht habe und die
mir rieten, die Miete zu mindern. Wir suchten anläßlich unserer Hochzeit eh eine größere Wohnung,
wurden fündig und ich kündigte meine mangelhafte Miniwohnung - nur, um zu erfahren, daß ich dann
3 Kaltmieten zahlen müßte, um überhaupt aus dem Vertrag zu kommen.
Ein äußerst freundlicher Anwalt, der diese Hausgesellschaft zu seinem Hobby gemacht hatte, riet
mir daraufhin, meine Miniwohnung auszumessen, da sie ihre Wohnungen eigentlich immer als zu groß
vermieteten. Es war ein schwieriges Unterfangen, meine "Wohntreppe", wie mein Vater sie liebevoll
nannte und ihre 2 Balkone richtig auszumessen, aber die Arbeit wurde belohnt - die Wohnung war
viel kleiner als angegeben und ich konnte mich wegen Mietwuchers nicht nur schnell aus der
Wohnung herausklagen, sondern bekam auch noch (trotz Mietminderung, übrigens) ziemlich viel
Geld zurück (was der Anwalt dann gierig, aber verdient an sich riß).
Lange Vorgeschichte, und noch dazu sinnlos, denn eigentlich brauchen wir aus der "Miniwohnung"
nur ein winziges Detail. In der Hoffnung, daß das Parkett tatsächlich einmal repariert würde, hatte ich
einen von 2 Schlüsseln der Hausverwaltung überlassen und bis zum Auszug nicht wieder gesehen.
Daher hatte ich gegen ein strenges Verbot verstoßen und mir noch 2 Schlüssel nachmachen lassen,
die ich danach nicht unbedingt der Hausverwaltung geben wollte, da mir nicht ganz klar war, ob ich
dafür Ärger bekommen könnte.
Geizig wie ich bin, wollte ich die Schlüssel aber auch nicht wegwerfen - also versuchten wir in Erfahrung
zu bringen, ob die Wohnung mittlerweile neu vermietet war. Durch Klingeln oder neugierige Blicke war
dies nicht zu ergründen. So taten wir etwas Bedenkliches - und schlossen die Wohnungstür auf.
Ein Blick, die Wohnung war bewohnt, die Tür sofort von uns wieder verschlossen - und die Schlüssel
von uns großzügig mit Zettel versehen in den dazugehörigen Briefkasten geworfen.
Kurz darauf gönnten wir uns einen Kaffee und ich begann einen üblen kleinen Plan zu entwickeln.
(reine Phantasie, bedenkt, daß die Schlüssel dann bereits im Briefkasten lagen)
Ich spann den Faden, wie man den Bewohner der Wohnung in den Wahnsinn treiben könnte, indem
man so etwas völlig Sinnloses täte, wie zum Beispiel im Bad eine andere Rolle Toilettepapier
aufzuhängen.
Ich meine, stellt Euch einfach mal vor, Ihr sitzt gemütlich auf Eurer Toilette und plötzlich fällt Euch auf,
daß da eine Rolle geblümtes Toilettepapier hängt, und das wo Ihr in Eurem Leben noch nie
geblümtes Toilettepapier benutzt habt!
Mehr nicht - nur eine angebrochene Rolle Toilettepapier - und dann, einen Monat später, legen
wir einen unauffälligen, ebenfalls angebrochenen Notizblock neben das Telefon, 2 Wochen später
eine angebrochene Packung Vollmilch in den Kühlschrank...
Nun, vermutlich wäre die Wohnung bald wieder zu haben...
Ja, ja, ich habe einen kranken Humor - ich weise nachdrücklich darauf hin, daß wir das nie
wirklich getan haben oder tun würden. Was haben wir gelacht und was sind uns für dämliche Ideen
gekommen.
Tja, ich würde so etwas nie tun, aber bei Felix bin ich nicht mehr so sicher. Er hat einen Weg
gefunden, mich zu quälen und mein einziger Trost ist, daß ich zumindest weiß, daß er es ist, der mir
all das antut.
Tatsache ist, daß ich leicht pedantisch veranlagt bin. Das ist nichts, was man gerne zugibt - Pedanten
sind unsympathisch und verdienen, daß sie gequält werden! Ich weiß wovon ich rede, schließlich
sehe ich regelmäßig die Sesamstraße und alle Welt freut sich, wenn Ernie den pedantischen Bert
auf die Palme bringt. In jeder einzelnen Folge baut Ernie Mist, der arme Bert regt sich entsetzlich auf
und alle freuen sich mit Ernie, der am Ende auch noch triumphiert. Nur ich, ich sitze da und leide leise
mit Bert. Ich kann ihn ja so gut verstehen! Auch ich hasse es, wenn meine Büroklammern
in Unordnung gebracht werden, oder Felix durch boshafte Tricks auch meinen Anteil an den Keksen
verputzt!
Was Felix mir nun also Gemeines antut?
Nun, das Gemeinste daran ist, daß es nur Kleinigkeiten sind und ich morgen einen Berg "ich wünschte,
ich hätte so einen Mann" Mail bekommen werde.
Nun, Felix klappt die Klobrille nicht wieder runter!
Felix läßt immer, immer, immer das Brillenputzmittel auf der Spüle stehen!
Nie, nie, nie räumt Felix den Schwamm in das dafür vorgesehene Schälchen!
Felix läßt immer die Tür zum Waschkeller auf und mein Kater legt sich umgehend in die Bügelwäsche,
um dort behaglich sein halbes Fell abzuwerfen!
Aber das Schlimmste, das Unerträglichste ist dieses leise Knacken, wenn er gedankenverloren
an seinen Nägeln knabbert.