25.04.1997
Schöne Überschrift, oder?
Es ist tatsächlich so - diesen Sommer werde ich also 30 Jahre alt. Schon ewig weiß ich, wie ich das
feiern möchte. Also, zuerst einmal wollte ich mir ein raffiniertes, rotes Kleid kaufen und dann noch alle
damit überraschen, daß ich meine Haare zu einer modischen Kurzhaarfrisur stutzen lasse.
Wallemähnen bei älteren Frauen finde ich nämlich affig...
Und!
Zum 30. Geburtstag wollte ich immer einen richtig dicken Klunker vom besten aller Göttergatten geschenkt
bekommen - einen waschechten, lupenreinen Solitär.
Sagen wir mal, zur Zeit plane ich anders...
Das raffinierte rote Kleid ist zum Beispiel gar keine tolle Idee - zur Zeit denke ich eher an etwas
elegant Sackartiges, da ich 6 Wochen vor dem großen Tag meinen Sohn auf die Welt bringen
möchte und durch die Geburt meiner Tochter noch sehr realistische Vorstellungen von meiner
Figur ca 6 Wochen nach einer Geburt habe...
Sackartig mit langer Knopfleiste und darunter ein sexy Still BH - schluchz!
Und meine Haare - meine wunderschönen, langen Haare?
30 ist ja nun wirklich noch kein Alter, oder?
Die Haare bleiben - die Kurzhaarfrisur kommt zum 40ten - vielleicht passe ich dann auch wieder in
raffinierte rote Kleider?
Tja, und den Solitär kaufe ich mir vermutlich zu Felix 30ten - dieses Jahr brauchen wir eine Kühltruhe...
Herrje - was ist aus mir geworden? Ich werde 30 und mein sehnlichster Wunsch ist eine Kühltruhe...
Um ehrlich zu sein, die Truhe haben wir schon - mir steht der Sinn eher nach einer "Refinanzierung"...
In einer Ehe lernt man ja einiges. Zahnpastakriege werden durch Tuben mit Klippverschluß, die
zudem auf dem Kopf stehen müssen, beigelegt, sein Schnarchen stört mich nicht mehr,
im Gegenteil, wenn er nicht da ist, kann ich ohne diese Geräuche nicht schlafen.
Er kennt die genauen Milch- und Zuckermengen, die ich in meinem Kaffee liebe und ist bereit auf
ein einziges gegurrtes Feeelix? hin, mir eine Tasse Kaffee hinzuschleppen, wo immer ich sie
gerne haben möchte.
Viele Ticks und Angewohnheiten führen nur noch zu liebevollen Scheinstreitereien - so zum Beispiel mein
Hang zu Stapeln. Meine Stapel regen ihn nicht wirklich auf, aber er tut gerne so - und hin und wieder
beginne ich dann tatsächlich zu sortieren...
Oder sein liebenswerter Tick, wie wild das ganze Haus zu putzen und mir detaillierte Hinweise zu
geben, was er geputzt hat. Den Staubsauger läßt er mitten im Zimmer stehen, vor dem Fenster steht
ein Eimer Schmutzwasser mit einem Lappen mittendrin (es ist so eklig, in die erkaltete Brühe zu greifen
und den Lappen herauszuangeln!), zusammengeknuddelte Tücher überall -
und den Besen strategisch günstig in Stolperhöhe vor die Kellertreppe gelegt.
Von uns beiden ist Felix der, der nach eigener Aussage mehr tut - ich besorge die
Nacharbeiten - was nach meiner Aussage genauso viel Arbeit macht.
Morgens räume ich das Kaffeepulver wieder in den Schrank, die Brillenputzmittelflasche ins Regal,
alle Hausschuhe in den Schrank, den Tisch ab, die Zeitung weg und und und
Nichts, was mich wirklich stört.
Aber jede Ehe hat so einen Punkt, nicht wahr?
Bei mir sind es so die romantischen, bis sentimentalen Vorstellungen, denen mein Göttergatte nun so
gar nicht entsprechen möchte. Der Genuß diverser amerikanischer Liebesfilme hat mir relativ
genaue Vortsellungen geliefert, wie Männer, die ihre Frauen wirklich lieben, zu sein haben.
6 Jahre Ehe haben diese Vorstellungen wieder in realistischere Bahnen gelenkt.
Da ist zum Beispiel die Sache mit dem Schmuck - im Film öffnet er souverän das kleine Schmuckdöschen
und sie seufzt entzückt auf. Ich seufze auch...
Mein allererstes Geburtstagsgeschenk von Felix - ich hatte ihm einen Tip gegeben und auf
silberne Ohrringe hingewiesen. Ich meine, silberne Ohrringe sind nicht zu unverschämt (immerhin
waren wir da schon verheiratet!) und man kann eigentlich nichts falsch machen, oder?
Nun, er konnte... - ich packte mein Geschenk aus - zwei riesengroße, silberne Teddybären.
Schon lieb gedacht, weil ich doch sein Bärchen bin, aber...
Oh, damit bin ich nicht alleine - die meisten meiner Freundinnen haben solche Präsente -
niedliche BH's mit A-Körbchen, die einem Teenie dann zum Beginn der Pubertät geschenkt wurden,
große Flaschen blumiger Düfte, mit denen nun der WC-Stein aufgefrischt wird, Stofftiere, die man
prima zu Geburten weiterreichen kann, schicke Kleidungsstücke, die Karneval großen Anklang finden -
und das sind noch die romantischsten Gaben...
Schlimmer ist es ja noch, wenn Anlässe schlicht vergessen werden.
Wie man dem abhilft? Ganz einfach - ruf ihm beim Verlassen des Hauses nach, er soll an die
Blumen denken - schließlich sei heute Hochzeitstag, Dein Geburtstag oder was immer gerade anliegt!
Nicht romantisch? Ha! Romantischer, als wenn er es vergißt und Du das ja fast gar nicht kränkend findest
und den Rest des Tages fast gar nicht gekränkt bist sondern fast ganz ruhig und souverän bleibst...
Felix hat gelernt... Er kennt jetzt meinen Geschmack. Nicht wahr, Männer, die ihre Frauen wirklich lieben,
kennen ihren Geschmack und wissen sofort, was ihrer Liebsten zusagen könnte?(...)
Zu Michaelas Geburt bekam ich eine wirklich schöne Kette geschenkt.
Eine interessante Arbeit aus geschwärztem Silber und Gold, in der Mitte ein Opal - toll!
Sie hat mir sofort gefallen!
"Schatz, was für ein wunderschönes Geschenk zur Geburt unseres ersten Kindes"
sagte ich, -
8 Wochen vor der Geburt, als ich die Kette auf einem Kunsthandwerkermarkt entdeckte...
Meine Freundinnen beneiden mich nun glühend um diesen einfühlsamen Eheanhang.
Um meine Chancen zu erhöhen, daß dieser Beitrag seine strenge Zensur passiert, muß ich auch
etwas gestehen. Ich versage bei Geschenken für ihn meist ähnlich. Denke ich über ein gelungenes
Geschenk für ihn nach, komme ich spontan auf Uhren. Mittlerweile habe ich ihm 4 Armbanduhren und
eine Wanduhr geschenkt. Wenn ich mir die Uhr mühsam verkniffen habe, packte er entweder
Pullover, T-Shirts oder Strümpfe aus und versuchte vergeblich spontane Begeisterung zu entwickeln.
Wir haben jetzt einen neuen Trick, was die Anlässe gegenseitiger Geschenke angeht.
Also, das Modem, der Scanner und der Drucker gehören mir!
Hochromantische Gaben zu meinen Geburtstagen und Weihnachten...
Dafür hat Felix von mir ein bildschönes Stickbild, eine Tischdecke und ein neues Objektiv für meinen
Fotoapparat bekommen. Funktioniert prima - wir freuen uns beide wie die Schneekönige.
Schwierig sind nun nur noch so Sachen, wie Muttertage...
Aber bestimmt denkt Felix daran, daß am 11.05. Muttertag ist - und die leere Flasche Tuscany
per Donna im Badezimmer hat er sicher auch schon entdeckt!
