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Neues vonder Hausfrau

Heute, an der Haltestelle...

wer ist hier dick???

Lippenstiftlinie

20.03.1997
Heute morgen stand ich bei ziemlichem Mistwetter verdrossen an der Haltestelle meiner Straßenbahn und wartete brav. Dank der neuen Anzeigetafeln wußte ich, daß meine Bahn zu spät käme, was zu besagter Verdrossenheit führte. Einige Schulkinder standen vor einem Plakat, auf dem die Bilder vermißter Kinder zu sehen waren. In Köln sieht man dieses Plakat zur Zeit sehr häufig und ich habe vermutlich das gleiche beklommene Gefühl wie alle anderen auch, wenn ich über das Schicksal dieser Kinder und ihrer Eltern nachdenke. Noch nachdenklicher machte mich allerdings ein Zeitungsartikel, der mit Zahlen belegte, wieviel höher das Risiko für Kinder ist, überfahren zu werden, oder an Krebs zu sterben. Vermutlich kennt jeder die Diskussionen darüber, was man mit "solchen Kerlen" machen sollte, die Aufregung darum, daß man mit "denen" viel zu human umgeht und welche Körperteile man operativ mit oder ohne Narkose entfernen sollte. Viel Angst und viel Polemik - vor allen Dingen Hilflosigkeit.
Die Reaktionen auf solche Geschehnisse sind vielfältig. Ich kenne Eltern, die ihre 10jährige Tochter nie alleine vor die Tür lassen. Ich kenne Eltern, die keine fremden Kinder mit ins Schwimmbad nehmen, oder bei sich im Haus übernachten lassen, um nur nicht in falschen Verdacht zu geraten. Selbst der viel zitierte Göttergatte war so verunsichert, daß er anfangs nur mit Badehose zu seiner Tochter in die Badewanne stieg... und ich möchte betonen, daß er angesichts eines Babypopos garantiert nur an Windeln und Wundsalbe denkt...
Aber allein schon der Gedanke, andere könnten annehmen, man würde...
Ich will dieses Thema auch überhaupt nicht verharmlosen, aber mir scheint unser Weltbild etwas verrutscht. Wesentlich mehr Kinder sterben im Straßenverkehr, aber wenn ein Autofahrer ein Kind überfährt, passiert ihm eigentlich lächerlich wenig.
Ich geh mal davon aus, daß er sich verdammt mies fühlt, aber die öffentliche Ächtung bleibt aus. Betrunken Auto zu fahren ist ja fast ein Kavaliersdelikt und die armen Kerle, die dabei erwischt werden, können eher mit dem Mitgefühl wegen des Bussgeldes rechnen, als mit schiefen Blicken.
Raser prahlen fast mit ihren Knöllchen und von Falschparkern möchte man gar nicht reden - "natürlich" ist es niemandem zuzumuten, auf die eigene Bequemlichkeit zu verzichten und einen ordentlichen Parkplatz zu suchen, oder gar mal ganz aufs Auto zu verzichten.
Die Autoindustrie hat einen weiten Weg hinter sich gebracht von den Tagen, als vor einem Auto noch jemand herlief, um die Fußgänger vor der Gefahr zu warnen, bis heute.
Heute, wo der Autofahrer sich in trügerischer Sicherheit hinter seinem Airbag befindet und sich darauf verlassen kann, daß ihn sein Seitenaufprallschutz vor Radfahrern und Fußgängern schützt...
Was haben Autos schon noch groß mit Transport zu tun?
Sie verkörpern Freiheit, Lebensgefühl, Sicherheit und Potenz.
Wer kann sich schon vorstellen, wie James Bond mit 50 kmh durch eine geschlossene Ortschaft schleicht - wer würde diese 50 kmh schon als Höchstgeschwindigkeit anerkennen? Nun, wer es tut, gewöhnt sich bald an die coolen Typen, die lässig an einem vorbeifahren. Vermutlich können die besser fahren, sind eben souveräner und cooler als ich - vermutlich wäre es überzogen, sie für rücksichtslose Deppen zu halten, oder?
Wir sind ja alle so wild, individuell, sportlich, jugendlich - und gibt es bessere Wege, dies zu zeigen, als ein souveränes Überschreiten irgendwelcher Geschwindigkeitsbegrenzungen?
Potentielle Kindesmörder - ne, geht nicht durch. Selbst wer oft volltrunken und zu schnell fährt, handelt ja nicht mit Vorsatz. Aber die Typen sind noch selten - häufiger sind die, die immer mit ca. 70 durch die Städte fahren oder nur knapp über dem erlaubten Promillewert liegen.
Pech, wenn es dann einen Fußgänger erwischt - mit dem Autofahrer kann man fast Mitleid haben, mit dem kann man sich fast identifizieren - aber nur fast. Zwar fahren wir auch zu schnell und gelegentlich mit einem Bierchen zuviel - aber schließlich sind wir keine Luschen, sondern "beherrschen" unser Auto...
Damit wir unseren sportlichen Fahrstil, unser grenzenloses Freiheitsgefühl so richtig genießen können, gibt es mittlerweile sogar extra "Autokassetten" mit Musiktiteln die der schnellen Fahrt noch einen zusätzlichen Schwung verleihen.
Leider hat auch die "Gegenseite" beträchtlich an Geschwindigkeit gewonnen. Während Rollschuhe zu "meiner Zeit " noch mühsam unter die Schuhe geschnallt wurden und einen kaum in den Geschwindigkeitsrausch versetzten, sind die Kids heute mit Inlineskatern und Skateboards nicht immer sicher, aber meist ganz schön schnell.
Das Tempo, das so ein zweijähriger Zwerg mit einem Bobbycar erreicht, hat schon so manche Mutter zu einem rekordverdächtigen Sprint gebracht und glücklicher Weise siegen wir beim Lauf bis zur Bordsteinkante meist.
Höre ich ein, "soll sie doch auf ihr Blag aufpassen?!". Ja, soweit sind wir mittlerweile. Was haben die Kinder denn auch auf der Straße zu suchen? Sollen sie doch gefälligst vorm Fernseher sitzen und in heile Scheinwelten abtauchen - dann passiert ihnen auch nichts.
Mir geht nicht in den Kopf, was wir alles akzeptieren, um bequem von einem Ort zum anderen zu gelangen. Mobilität über alles. Klar, daß wir immer schneller und immer bequemer von da weg wollen, wo wir gerade sind, schließlich wird es da, wo wir wohnen immer häßlicher und lauter. Zuviele Straßen, Verkehrslärm und alles zugeparkt...
Ich weiß, mit diesem Gezeter stemple ich mich endgültig zum Spießer und Moralapostel. Dabei muß ich zugeben, daß mein defensiver Fahrstil nicht das Resultat moralischer Erwägungen ist, sondern die Folge eines harmlosen Unfalls, der nur meinem Auto das Leben kostete. Ich hielt mich für eine gute Autofahrerin und die Strecke kannte ich in- und auswendig. Trotzdem schleuderte ich aus einer Kurve ungebremst gegen einen Baum. Wie gesagt, passiert ist nicht viel. Mein Auto faltete sich zusammen und etwa da, wo vorher der Beifahrersitz war, befand sich dann der Baum. Auf mir hinterließ diese Begegnung bei nur 80 kmh einige leichte, schnell verheilende Wunden, und gleichzeitig eine tiefe Dankbarkeit - daß der Beifahrersitz leer war und daß ich gegen einen Baum und nicht gegen ein entgegenkommendes Auto oder einen Fußgänger geprallt war.
Natürlich habt Ihr von meiner Erfahrung rein gar nichts - schließlich fahrt Ihr sicher viel besser, viel sportlicher, viel souveräner - ich bin ja auch nur ein dummes Hausfrauchen...
Nun, es gibt noch jemanden, der durch mich deutlich langsamer fährt - mein Göttergatte. Ich bin nämlich seither auch ein schreckhafter Beifahrer und wenn ich in einem Auto Angst habe, werde ich furchtbar zänkisch und überhaupt ekelhaft.
Dazu stehe ich - von mir sollte es viel mehr geben, dann würden wir feigen, spießigen Naturen vielleicht eine neue Zielgruppe der Autoindustrie. Wir ständen vielleicht nicht als hoffnungslos veraltete Versager da - wer weiß, was den Werbefritzen für Begriffe einfallen würden?
Wenn man bedenkt, was ihnen alles zu rücksichtslosen Rasern mit Hang zurgrenzenlosen Selbstüberschätzung eingefallen ist...

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