25.10.1996
Auf dem Weg zum Bahnhof erzählte mir der beste aller Göttergatten, daß er mir nur einen Sitzplatz
für die Fahrt nach Nürnberg reservieren konnte. Die Dame am Reservierungsschalter hatte ihm erklärt,
daß Michaela mit ihren 2 Jahren keinen Anspruch auf einen Sitzplatz hätte und ich sie halt während der
ganzen Fahrt auf den Schoß nehmen solle.
Fast hätte ich dem üblichen Bild, der keifenden Ehefrau entsprochen, aber ich dachte, daß es vielleicht
Freitags nicht so voll in dem Zug sei. Hätte ich gewußt, daß Herbstferienbeginn war, hätte ich ihn
vermutlich doch wüst beschimpft.
Der Zug kam, ich schleppte schnell Michaela und eine Tasche zu unserem Sitzplatz und wetzte zurück zur Tür,
um auch den Buggy noch zu verstauen. Abschied vom Mann, zurück zum Platz und dort großes Staunen -
ein älteres Ehepaar war gerade dabei, Michaela von ihrem Platz zu entfernen. Sie wedelten aufgeregt mit
ihren Reservierungen herum und machten mir klar, daß sie beide Plätze reserviert hatten. Sie setzte sich auf
den Fensterplatz, zog schnell ihre Schuhe aus und griff nach einer Frauenzeitschrift, während er sich ans
Herz griff und noch mehr aufregte. Ich stemmte eine Hand in mein Kreuz, erklärte freundlich, daß Michaelas
Platz von mir reserviert sei und ich sie leider nicht während der ganzen Fahrt auf den Arm nehmen könnte,
wenn ich stehen müßte, da ich schwanger sei. So, wie ich mein Bäuchlein nach vorne schob, mußte der
alte Herr den Eindruck bekommen, daß ich bei der geringsten Aufregung sofort Wehen bekäme und er mir
bei der Entbindung helfen müßte...
Er nahm die Hand von seinem Herz und begnügte sich damit, böse zu gucken.
So standen wir etwa drei Stationen lang, bis noch eine junge Dame dazu kam, die besagten Fensterplatz
auch reserviert hatte. Die Hand wanderte wieder auf sein Herz, er lief hochrot an und wir sahen uns ziemlich
panisch nach einer Schaffnerin um, die weiter hinten im Abteil die Tickets kontrollierte.
Mutig kam sie näher, warf einen Blick auf unsere Reservierungen und machte dem älteren
Ehepaar klar, daß sie im falschen Zug waren.
Michaela erklärte von der Sekunde an ungefragt "Meiner Mama hat einer Baby im Bauch!".
Nach dem 4 oder 5 dieser Ausrufe kam Bewegung in alle Mitreisenden - die Schaffnerin tat
ihr übriges, indem sie erklärte ich sei hochschwanger und bräuchte sofort einen Sitzplatz.
"Äh - nicht unbedingt hochschwanger", erklärte ich - aber ein netter junger Mann räumte seinen Platz,
(die ältere Dame neben ihm nahm Michaelas Platz, wodurch 2 frei Plätze nebeneinander entstanden )
und meinte "aber schwanger genug, um meinen Platz haben zu wollen, oder?"
Ich hätte mich ja echt schäbig gefühlt, aber er stieg bei der nächsten Station eh aus.
Nun glaubt nur nicht, ich hätte eine nette, ruhige Fahrt gehabt - schließlich hatte ich Michaela dabei...
Als wir wieder zurückreisen wollten, betrat ich festen Schrittes und ernsten Blickes die Schlaterhalle,
wartete 45 Minuten und erklärte dann einer jungen Dame, daß ich 2 Sitzplätze reservieren wollte.
Keinen Milimeter würde ich von dieser Forderung abrücken, da konnte sie mir sagen, was sie wollte.
Die würde ich in den Boden stampfen und unverzüglich nach ihrem Forgesetzten rufen!!!
"Kein Problem, das macht 3,- DM" flötete sie freundlich und brachte mich völlig aus dem Konzept...
