
Paula Modersohn Becker
Sie ist wohl eine der bekanntaesten deutschen Kuenstlerinnen: Paula
Modersohn-Becker. Ihre Kinderbilder sind sehr bekannt. Aber wer weiss
schon etwas von ihrem Leben?
Als Paula Becker ein junges Mädchen war, gegen Ende des letzten
Jahrhunderts, war es ganz klar, dass die einzige Karriere einer Frau die
Ehe war. Paulas Glück war ihre Mutter, eine energische, kultivierte
Frau, die den Vater vom Talent der Tochter überzeugen konnte. So durfte
die junge Paula dann in Bremen Privatstunden erhalten.

Obwohl es gar nicht so leicht war, eine gute, solide Ausbildung zu
erhalten, gelang es Paula, sich zu einer ernstzunehmenden Malerin zu
entwickeln. Zwar machte sie auf Wunsch ihrer Eltern das
Lehrerinnen-Diplom, aber sonst gab es wenig, dass die eigensinnige junge
Frau von ihrem Ziel ablenken konnte. Wenn wir die männlichen "Akte",
bekleidet mit keuschem Höschen, sehen, die sie als Schülerin
zeichnete, und damit die Freiheit der Männer vergleichen, erkennen wir,
dass es nicht leicht war, eine hochwertige Ausbildung zu ergattern...
Als ehrgeizige junge Malschülerin sah Paula Becker eine Ausstellung in
Bremen, in der die Malerei einer jungen Gruppe vorgestellt wurde:
Malerkolonie Worpswede. Heute ist das Örtchen nördlich von Bremen
berühmt wegen dieser Maler, damals war es eine ganz freakige Idee, die
Stadt zu verlassen und das Landleben zu malen.
Im wilhelminischen Deutschland war eine ganz bestimmte Art von Kunst und
Kultur gefragt, und die Worpsweder entzogen sich manchen Zwängen durch
ihren Stil, der uns heute ein bisschen süsslich vorkommt.
"Naturlyrik" nennt der Kunsthistoriker diese Kunst, und der Name trifft
ganz gut. Wer die Geschichten des Worpsweders Manfred Hausmann gelesen
hat ("Martin", "Isabel" und "Andreas" die bekanntesten), kann sich die
Atmosphäre so ein bisschen vorstellen.
Nun, Paula war begeistert und fühlte sich nach Worpswede sofort
hingezogen. Sie nahm Privatunterricht beim Worpsweder Künstler Fritz
Mackensen und richtete sich ein Atelier ein.
Paulas Glück war, dass sie eigentlich nie finanzielle Sorgen hatte, da
die reichen Verwandten ihrer Mutter sie unterstützten.
In Worpswede lernte sie dann auch Otto Modersohn kennen, einen
sensiblen, erfolgreichen Landschaftsmaler. Die Begeisterung war
gegenseitig, musste aber zunächst geheim bleiben, da Modersohn
verheiratet war.
Nach dem Tod der ersten Frau heirateten Otto und Paula. Otto bewunderte
Paulas unkonventionelles Talent aus vollem Herzen und wusste, dass sie
eines Tages die Anerkennung finden würde, die sie zu dieser Zeit nicht
fand.
Anfang unseres Lahrhunderts war es alles andere als selbstverständlich,
dass ein Ehemann seiner Frau das recht zugestand, genauso rückhaltlos
wie ein Mann künstlerisch zu arbeiten. Otto unterstützte Paula in
jeder Hinsicht und fühlte sich von ihr unendlich bereichert.
Paula verbrachte viel Zeit in Paris, um dort zu studieren.Sie liess sich
von Gauguin und Cezanne anregen, deren Bilder sie in Paris sah, und
pflegte eine interessante Freundschaft mit Rilke, der damals Sekretär
des grossen Bildhauers Rodin war.
Paulas spezielle Freundin war Clara Rilke-Westhoff, die bei Rodin
Skulptur studierte. Das intellektuelle und kuturelle Klima in
Deutschland war dagegen eher provinziell.
Paula malte immer wieder den weiblichen Körper, Mütter und Kinder,
umgeben von Blumen und Früchten. Sie selbst war Stiefmutter der kleinen
Tochter Modersohns, war hin- und hergrissen zwischen Kinderwunsch und
Hingabe an die Malerei... und erlebte eine grosse Krise, in der sie sich
fast von ihrem treuen Otto getrennt hätte.
Aber es gelang diesem sanften Mann, sie zurückugewinnen. Palua wurde
schwanger und malte ihre schönsten und ergreifendsten Bilder in diesem
letzten Sommer in Worpswede.
Im November 1908 wurde Paulas Tochter Mathilde geboren. Die junge Mutter
musste im Bett liegen bleiben, weil sie Schmerzen in den Beinen
hatte und der Arzt eine Thrombose befürchtete. Endlich, drei Wochen
nach der Geburt, durfte Paula auftsehen. Sie schmückte sich mit Rosen
im Haar, so wie auf manchen ihrer Bilder, bewunderte, wie schön ihr
Mann das Zimmer hergerichtete hatte, und brach zusammen. Ihre letzten
Worte waren "wie schade".
Das Talent und der Eigensinn dieser jungen, viel zu früh verstorbenen
Frau waren einzigartig. Es lohnt sich auf jeden Fall, das Buch von
Marine Bojlmann-Modersohn zu lesen, in dem auch aus Paulas Briefen
zitiert wird. Im Dumont-Verlag ist ein schöner Bildband von Christa
Murken-Altrogge herausgekommen, in dem man die Bilder bewundern kann.
Natürlich gibt es auch ein paar Websites zum Thema, die man mit
Metacrawler und Eingabe des Namen leichter finden kann als durch eine
Buchtabenreihe meinerseits.
Alles Liebe aus Israel nach Deutschland!
Silja mit Anhang am 13.05.98