Langweilen Sie sich denn nicht?
Liebe Carola,
Du hast mir mit Deinem Bericht über die Hausfrauen echt aus der Seele gesprochen.
Auch ich bin eine dieser "Hausfrauen", die angeblich nichts zu tun haben und den ganzen Tag zu Hause ihre Zeit so vertrödeln
können, wie sie es wollen.
Da mein Mann im Auswärtigen Amt arbeitet und wir die überwiegende Zeit unseres Lebens im Ausland verbringen, war mir von
Anfang an klar, dass ich spätestens im Ausland nicht mehr arbeiten kann.Vielleicht ist es mir deshalb einfacher gefallen, mich mit dieser
Tatsache abzufinden. Ich konnte mir andrerseits auch nicht vorstellen, meine Kinder den ganzen Tag jemandem anderen zu überlassen
und arbeiten zu gehen.
Verletzend fand ich es allerdings auch, als ich vor zwei Jahren, da waren meine Kinder 5 und 8 Jahre alt, gefragt wurde, ob ich mich
nicht langweilen würde und ob mein Beruf mir nicht fehlen wuerde. Diese Frage kam von einem Kollegen, der selber 3 Kinder hat. Als
ich wissen wollte, ob seine Frau sich denn mit 3 Kindern im Ausland langweilen wuerde, war er sprachlos. Ich hatte das Gefuehl, daß
man mich das nur gefragt hatte, um mir ganz klar vor Augen zu führen, daß ich auch zu diesen "Hausfrauen" gehöre, ohne sich
jemals Gedanken darüber gemacht zu haben, wie sich wohl die eigene Ehefrau fühlt.
Vielleicht hat ausser mir auch schon jemand festgestellt, wie teilweise abfällig die Ehemänner über das Hausfrauendasein ihrer
Ehefrauen sprechen. Dabei sind die meisten Kinder von beiden Partner gewollt, nur daß es halt immer noch vielen Männern logisch
erscheint, daß die Frau dann ihren Job aufgibt, um für die Kinder dazusein. Was meiner Ansicht nach viele Frauen sehr gerne machen.
Nur sollten ihre Männer auch dann ihre Leistung anerkennen, was leider nicht sehr oft der Fall ist. Ich bin Gott sei Dank in der
Situation, dass mein Mann weiss, was ich leiste und dieses auch entsprechend anerkennt. Er sagt mir oft, daß er nicht die Geduld und
auch nicht das Interesse hätte, Kindererziehung (Vollzeit) und Haushalt zu übernehmen. Wir haben somit jeder die Beschäftigung
gefunden, die uns am meisten Spass macht.
Was Freundinen und Exkolleginen angeht, habe ich oft die Erfahrung gemacht, daß es einfach Neid ist, der sie abfällig über unser
Hausfrauendasein sprechen lässt. Viele haben jedoch immer das Gefühl, daß sie ohne ihren Beruf nicht vollwertig sind, auch wenn sie
Kinder haben. Leider sind es gerade oft Frauen, die nicht berufstätigen Müttern das Gefuehl geben, einfach minderwertiger zu sein.
Da braucht man schon eine gehörige Portion Selbstbewusstsein, um solche Kommentare zu ignorieren.
Ganz abgesehen von der Werbung, in der Hausfrauen in der Tat nur als Wäsche waschende, Kaffee trinkende und menstruirende
Wesen dargestellt werden, die nur darauf warten, ein neues Putzmittel zu endecken, damit ihr Haushalt noch sauberer und schöner
wird. Angeblich können wir nur dadurch Anerkennung finden.Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß Frauen Werbung so gestalten
würden.
Wenn man sich mal in europäischen Nachbarländern umsieht, sieht die ganze Sache schon anders aus.
In Frankreich sind
Ganztagesschulen und -kindergärten die Regel. Französische Frauen haben meistens die Möglichkeit jederzeit wieder ins Berufsleben
zurück zu gehen, ohne dabei als Rabenmuetter angesehen zu werden, weil es dort völlig normal ist. Leider geht das in Deutschland
nicht, da die Kinder noch nicht mal jeden Tag die gleiche Stundenanzahl Unterricht haben.
Wenn alle Kinder von 08.00 bis 13.00
Unterricht hätten, könnten Muetter wieder einer Beschäftigung nachgehen, die darüber hinaus geht, irgendwelche schlecht
bezahlten und nicht versicherten Jobs auszuüben. Aber da wären in der Hauptsache wieder die Männer gefordert, ich denke da an die
Schulpolitik, die eigentlich mit der Situation, so wie sie momentan ist, zufrieden sind.
Ich wünsche Dir, daß sich viele viele Frauen zu diesem Thema melden.
Viele Grüsse von der arabischen Halbinsel
Eva am 10.04.98
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