Ansichten einer 'Ausländerin'
Seit ziemlich genau drei Jahren lebe ich in Schweden. Mein Lebensgefährte
hatte dort die Chance auf eine Doktorandenstelle und da bin ich eben direkt
nach dem Studium mit ihm umgezogen. Ich hatte Glück, fand ziemlich bald
einen Job, der meiner Ausbildung entspricht (ich bin Physikerin) und mir
sehr viel Spass macht.
Meinen Beruf aufzugeben kann ich mir überhaupt nicht vorstellen! Nachdem
ich aber schön langsam in ein Alter komme, in dem sich frau bewußt wird,
dass die biologische Uhr tickt, und daß sie nicht mehr alle Zeit der Welt
hat, um evt. eine Familie zu gründen, zudem der liebste aller
Lebensgefährten andeutet, daß er schon vielleicht irgendwann mal ganz
gerne....., habe ich mich in letzter Zeit öfter mal mit dem Gedanken
beschäftigt, ob ich das denn könnte, alles irgendwie zu organisieren mit
Kind, Lebenspartner und Beruf.
In diesem Zusammenhang hab' ich mir 'mal angeschaut, wie echte
SchwedInnen denn die Familien organisieren. Hier in Schweden gibt es kaum
Familien mit echten Hausfrauen! In der Regel kehrt die Frau spätestens
ein Jahr nach der Geburt eines Kindes (die schwedische Standardfamilie hat
zwei Kinder, bis vor ein paar Jahren sollen es sogar noch drei gewesen
sein) wieder in ihren Beruf zurück. Die Kinder bekommen dann ganz
selbstverständlich einen Platz in einer Kinderkrippe. Natürlich ist es dann
oft so, dass ein Elternteil (meist die Frau) erstmal bloß 50% arbeitet, um
mehr Zeit mit dem Kind zubringen zu können, und erst im Laufe der Zeit
langsam wieder zur Vollbeschäftigung zurückkehrt, aber sie kehrt wieder
zurück und hat selten irgendwelche weiteren Aufstiegschancen verpasst. Ist
das Kind etwas älter und geht zur Schule hat es vom ersten Tag an
regelmäßige Stundenpläne mit Mittagessen in der Schule.
Rein vom System her bin ich da echt begeistert !! Prima, dachte ich, bis
ich mich dann 'mal mit einigen gleichaltrigen Paaren, die eben auch über
Familiengründung nachdenken, bzw. vor kurzem Eltern geworden sind,
unterhalten habe.
Der mehr oder weniger einstimmige Tenor war die Klage darüber, daß es ja
eigentlich gar keine Wahl gibt. In Schweden ist das Lohnniveau ziemlich
niedrig, so daß es ziemlich schwer, je nach Ausbildung vielleicht sogar
unmöglich ist, von nur einem Einkommen eine mehrköpfige Familie ernähren zu
können. Zudem gibt es kritische Kommentare, daß die Kinder den Eltern zu
früh aus den Händen genommen werden und unter die Fuchtel des Staates
kommen......
Was ich mit dieser Geschichte jetzt eigentlich sagen wollte? Tja, es
scheint eben sehr schwer zu sein, Kompromisse zu finden! In Deutschland
hab' ich den Eindruck, muß frau sich darüber im Klaren sein, daß die
Entscheidung für ein Kind wahrscheinlich das Ende der beruflichen Karriere
ist, und hier in Schweden steht dem Beruf zwar nichts im Wege, aber frau
hat eigentlich auch keine echte Wahl, ob sie denn lieber daheim bei den
Kiddies bleiben möchte..........
Viele Grüße!
Susanne am 06.05.98
zurück zum Hausfrauenreport oder weiter zur nächsten Reaktion
|
|