Maximilian aus Goßfelden erlebt die Wüste Marokkos
(ipo) "Gehen die Kinder in Marokko eigentlich auch zur Schule?" - "Welche Sprache spricht man dort?"
- "Wie finden wir unseren Weg durch die Wüste?" - Fragen über Fragen, die der sechsjährige Maximilian
stellt, bevor er auf die große Reise geht. Nach Afrika ist er zwar schon mehrfach geflogen, aber die
Wüste Sahara ist natürlich etwas ganz Besonderes.
Zusammen mit fünf weiteren Kindern im Alter von 6-12 Jahren und fünf Erwachsenen, darunter seine
Mutter, ist Maximilian zehn Tage lang mit marokkanischen Beduinen und Kamelen unterwegs. In den
frühen Morgenstunden, wenn es noch kühl ist, satteln die Beduinen ihre Kamele und beladen sie mit
allem, was die Karawane benötigt: Hirsemehl, frische Orangen, Datteln, Gemüse und Kochgeschirr - und
vor allem ausreichend Trinkwasser, das kostbarste Gut in dieser trockenen Weite. Durch hohe
Sanddünen und über weitflächige Geröllfelder laufen selbst die Kleinen vergnügt und sammeln
besonders farbenprächtige Steine, hier und dort eine Tonscherbe, die vorbeiziehende Nomaden
vergessen haben. In dieser abgegrenzten, stillen Welt, die nur die Sonne, den Wind und den Sand
umschließt, gleiten die Gedanken nur selten ins hektische Deutschland ab.
Schon bald haben sich die Kinder miteinander angefreundet, der Altersunterschied spielt keine Rolle.
Während der heißen Mittagsstunden breiten die Beduinen des Stammes der Naiji handgewebte, bunte
Teppiche im Schatten eines der wenigen Bäume aus, auf denen sich die Kinder mit ihren Eltern
gemütlich niederlassen. Schmackhafte Gemüseplatten, in einer improvisierten Wüstenküche am
Lagerfeuer oder auf dem Holzkohlekocher zubereitet, stillen den Bärenhunger und machen schläfrig.
Nicht lange jedoch dauert die Ruhepause der Kinder, Malblöcke und Brettspiele werden ausgepackt,
Kinderlieder klingen fröhlich durch die Stille. Die Größeren lesen den Kleineren Märchen und
Geschichten vor, die Eltern wechseln sich ab, mit den Kindern zu spielen und zu zeichnen. Welch
herrliche Ruhe in dieser wundervollen, friedlichen Landschaft! Heißer Wüstenwind streicht durch die
Baumwipfel, während die müden Wanderer auf dem Rücken träumend zum strahlendblauen Himmel
emporschauen. Warmer, süßer Pfefferminztee, von den Beduinen in kleinen Gläsern serviert, löscht
den Durst und sorgt für neue Energie. Gemächlich rupfen die von ihren Lasten befreiten Kamele
vereinzelt wachsende, gelbe Grasbüschel aus dem Sand und zermahlen sie genüßlich zwischen den
starken Kiefern. Keine menschliche Stimme ist zu hören, kein Autolärm, keine Hektik stört die
friedliche Stille, in der sich nur die Baumkronen leise im Wüstenwind wiegen.
Die kühleren Nachmittagsstunden nutzend, werden die Kamele erneut beladen, aber nun dürfen die
Kinder stolz auf ihren Kamelen reiten, die Gesichter mit dünnen Nomadentüchern vor Sonne und Wind
geschützt. Für die Beduinen ist es die erste Tour mit deutschen Kindern und schon bald sind die
kleinen Reiter mit ihren Kamelführern vertraut, die ihnen gutmütig immer wieder besonders schöne
Versteinerungen und andere Schätze hinaufreichen. Mit strahlenden Augen sitzen die kleinen
Abenteurer abends am Lagerfeuer, suchen mit neugierig herbeigelaufenen Nomadenkindern nach
Eidechsen im Sand, bestimmen Sternbilder und schlafen in der Vorfreude auf den nächsten, spannenden
Tag in der Wüste unter dem klaren Sternenhimmel ein.
Maximilians größter Schatz besteht aus einem Kamelknochen, der unversehens weiß aus dem heißen
Wüstensand hervorleuchtet. Ein entzückter Schrei zu Said hin, seinem Kamelführer, der das Kamel
niederknien läßt, und schon hüpft Maximilian mit Schwung in den Sand und läuft los. Verschwindet
für einen Augenblick hinter einer Düne und kommt mit triumphierenden Blick laut jauchzend auf der
anderen Seite des Sandberges hinuntergerast, den riesigen Knochen wie eine kostbare Trophäe über
dem Kopf schwingend. Klar, daß dieser Knochen am nächsten Lagerplatz genauestens untersucht und dem
Kamel angehalten werden muß, um herauszufinden, woher er stammt: "Ein Kamelbein!" jauchzt Max,
"ganz von vorne, und das Gelenk ist auch noch dran!" Das Gesprächsthema für das abendliche
Lagerfeuer ist damit bereits allen klar.
Der Hamburger Reiseveranstalter TTH hat im Mai diesen Jahres zum ersten Mal eine Trekkingtour mit
Kindern durch die marokkanische Wüste, am Rande der Sahara entlang, organisiert. So halten sich die
Tagesetappen in kindgerechten Dimensionen und sind gut zu bewältigen. Das große Abenteuer macht
Kindern wie Erwachsene riesigen Spaß und für die Beduinen bedeuten diese Touren den Lebenserwerb.
Längst sind sie nicht mehr so frei, durch die unendliche Weite und Schönheit der Wüste zu ziehen,
denn auch dort bestehen jetzt Grenzen zwischen den Staaten, die das freie Nomadenleben einschränken.
lebt ein Großteil der Familie Azizi, die unsere Karawane führt, noch heute in traditionellen
Beduinenzelten. Maximilian und seine neugewonnenen Freunde jedenfalls sind begeistert von diesem
ungezwungenen Leben und der Schönheit der Wüste. Gespannt hören sie den Beduinen zu, die ihnen vom
traditionellen Leben in der Wüste erzählen und ihre Fragen geduldig beantworten.
Ach so: Fragen Sie bitte nicht, mit wieviel Überredungskunst wir den Kamelknochen durch den Zoll bekommen haben!
Text & Fotos: Konny Schmidt am 19.06.99
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