Ursprünglich war das hier im Adventskalender - aber hier passt es eigentlich besser rein
So kann es gehen...
Hier sitze ich ein wenig ratlos, 23.12.99 19.28 Uhr und grüble, was ich mit dem Türchen vom
24.12. mache. Mein Advents-Ordner ist leer und mir bleibt nur die Flucht in die Improvisation.
Weihnachten '99
Wie wird es sein, das Fest der Liebe im Schatten des Millennium-Ereignisses?
Hier in Köln, wage ich die Prognose, wird es so wenig Schnee geben, wie Weltfrieden überall.
Familie Enning wird ein gemütlich ereignisloses Weihnachten verbringen. Michaela freut sich sehr
auf das neue Kleidchen, was wir für Weihnachten gekauft haben und schwört, daß es die
drei Festtage sauber übersteht - ihre Mutter hat ihre Zweifel...
Ansonsten singt sie seit Tagen fröhlich Avent, Avent, die erste Kerze brennt und ihre
Eltern korrigieren Advent! Gerührt erkennt man sich gelegentlich in den eigenen Kindern
wieder, die ganz zappelig sind vor Vorfreude. Dagegen zuckt man erschrocken zusammen, wenn man in
sich die eigene Mutter wiedererkennt sag schön danke....
Nachher werde ich verzweifelt die Diddls-Maus mit dem pinken Ballett-Anzug suchen, die sich meine Tochter
gewünscht hat, während Felix versuchen kann, den großen Müllwagen für Oliver
einzupacken. Klischeegeschenke, gewiß, aber kaum hat man sowohl Sohn als auch Tochter, muß man
einsehen, daß doch nicht alles anerzogen ist. Gewiß spielt Oliver mit Puppen: er zieht
sie über den Boden und ruft dazu brrm, brrm und auch Michaela weiß durchaus etwas
mit Autos anzufangen. Sie baut ihnen wunderschöne Häuser.
Felix' Geschenke habe ich bereits verpackt. Ein Trauerspiel... Mein Mann, das unbeschenkbare Wesen.
Was schenkt man jemandem nach fast 9 Jahren Ehe nur? Er liebt Dinge, an denen ein Kabel hängt,
das mit einem Stecker endet oder Dinge, die zumindest ein Batteriefach haben. Leider liebt er es aber
auch, sich wochenlang in Prospekte hineinzulesen, welches dieser Dinge nun besser ist, als andere.
9 Jahre liegen hinter uns, in denen er sich über Mouse-Pads und Computer-Spiele freute. Nur leider,
mit Lara Croft ist er noch nicht durch und sein Mouse-Pad ist tadellos in Ordnung. Eine Funk-Maus ist
eine dumme Idee, die würde Oliver vermutlich noch morgen im Sandkasten verbuddeln und wir
fänden sie niemals wieder. Romantische Kinkerlitzchen wie Stofftiere verschwänden umgehend
in den diversen Kinderzimmern, gekaufte T-Shirts, Pullover, Socken, Kravatten und Unterhosen sind
keine rechte Freude. Bettwäsche? Handtücher? Geschirr? Will ich ihn loswerden und besorge ihm
vorher noch seine Aussteuer?
Gramgebeugt habe ich also Hannibal in Geschenkpapier gewickelt und weiß jetzt schon, daß
es mit dem Schweigen der Lämmer nicht mithalten kann. Vermutlich ist es nur für Frauen
geschrieben worden, die ein Verlegenheitsgeschenk für ihren Mann brauchen.
Würde ich den Kerl wirklich lieben, könnte ich mich in ihn hineinfühlen und wüßte,
was er sich wünscht... nicht wahr? Mein Gewissen beisst, also kommt noch der fünfte Elefant
im englischen Original als Hardcover dazu, was ihn aber nicht wirklich freuen wird, da es die Optik
zerstört. Alle anderen besitzt er als englische Taschenbücher - vermutlich wird er es aus
Trotz noch einmal als Taschenbuch kaufen.
Essbare Unterwäsche, Bodypaint, Leuchtkondome?
Der Kick fürs Liebesleben? Honig-Puder, Masken oder eine formschöne Peitsche, die ihn davon
ablenkt, daß ich ihn zu einem spiessigen Reihenhauspapi gemacht habe?
Wenigstens weiß ich, daß es ihm nicht besser geht.
Während ich dies hier tippe, irrt er durch Köln. Entschwunden ist er mit einer lahmen
Ausrede, wiederkommen wird er mit einem lahmen Geschenk für mich ;-)
Dabei haben wir uns einmal beim Frühstück schon unsere Wünsche erzählt.
dieses Buch, Hannibal, hätte ich gerne, sagte er und ich hätte ihm fast in die Nase
gebissen, denn das hatte ich doch bereits gekauft. War es eben noch eine halbwegs gute Überraschung,
so war es nun nur noch ein Auftragsgeschenk!
Dafür erzählte ich ihm, daß ich zu gerne so ein verspiegeltes Fenster für das
Wohnzimmer hätte. Das gibt es am Dom auf dem Weihnachtsmarkt. Schliesslich waren wir dort, ich
zeigte ihm den Stand, suchte das Fenster aus, leistete eine Anzahlung und gestern fand er dann, weil
er mich liebt, mich durch und durch kennt und meine Wünsche erahnt das genau passende Geschenk
für mich. Einen verspiegelten Fensterrahmen, auf dem zufällig schon Enning, und 70,- DM Anzahlung
stand.
Gestern war ein befreundetes Ehepaar hier, denen wir Eau de Parfum schenkten (das fällt für uns
flach, ich benutze nur Chanel No. 5 und habe davon noch eine Flasche in Reserve und Felix, der sich
damals sehr über sein Geschenk freute, scheint 8 Jahre mit einer Flasche hinzukommen...).
Jedenfalls schenkten wir den beiden das, wozu die Schwarz-Weiss-Werbung mit den magersüchtigen
Paaren läuft, die sinnlich mouth to mouth sagen. Das Zeug riecht sogar sehr angenehm und
man kann die Flaschen so hübsch nebeneinander stellen...
Er versicherte uns, sie hätten das Geschenkproblem längst gelöst, sie würden
sich nichts schenken. nicht wahr, Schatz??? Schatz schaute hintergründig und ich wette,
er hechelt auch gerade durch die Läden und verflucht mich dafür, daß sie nun bereits
ein neues Duftwässerchen hat...
Dabei macht mir Schenken Spaß. Am liebsten mache ich irgendwas selbst. Davon kann der schwarze
Dichter ein Lied singen, den ich zu seiner Hochzeit mit einem kitschigen Stickbild schockte. Nein,
überraschte. Sie werden schon ein schönes Plätzchen dafür finden. ( die
Innenseite der Kleiderschranktüren bieten sich da an...). Handarbeiten sind meist nicht wirklich
schön, aber sie haben etwas von den Mäusekadavern, die einem Katzen vor die Füsse
legen: sie bedeuten Liebe.
Haaalt! Entwarnung - es bahnt sich weder Skandal, noch Affaire an!
Weshalb ich Felix nicht einfach einen Pulli zu Weihnachten schenke? Weil er über 1.90 groß ist
und ich nicht fertig geworden bin. Ich habe ein fertiges Rückenteil und ein halbes Vorderteil -
den Rest gibt es zum Geburtstag...
Der Nachteil an seiner Größe ist einfach, daß man das Bündchen mit einer schönen
Wolle anfängt, nach dem halben Rückenteil überlegt, weshalb man ausgerechnet diese
Farbe genommen hat und spätestens beim zweiten Teil die Farbe einfach nur noch ätzend findet.
Dem habe ich vorbeugen wollen und einen wunderschönen gewitterhimmel-schwarzen Pulli mit weißer
Bordüre begonnen. Zwischendurch entdeckte ich leider ein blaues Garn, das einem ehemaligen
Bekannten von uns sicher sehr gut gestanden hätte, und dann noch ein graues Flauschgarn, das
innerhalb von 2 Tagen zum schönsten Schal der Welt wurde. Ich entdeckte ein Regenbogengarn,
das Michaela einfach hervorragend steht und dann noch Wolle, aus der der Pulli für einen anderen
Freund wuchs. Insgesamt hätte ich Felix' Pullover längst fertig haben können, aber
wann immer ich ihn sehe, halte ich es für ein witzloses Unterfangen, derart viele kleine Maschen
miteinander zu verknüpfen, daß sie ihn kleiden können.
Aber ich bin zuversichtlich, den Pulli bis zu seinem Geburtstag - oder nächstes Weihnachten
fertiggestellt zu haben.
Oje du fröhliche...
Ich bin schon gespannt auf die Kinder, die ein Geschenk nach dem anderen auspacken werden, um schliesslich
mit suchendem Blick und zitternder Stimme war das alles??? zu fragen und in Tränen auszubrechen,
während Felix in Hannibal hineinliest und es dann gelangweilt beiseite legt und mein Schwiegerpapi
verzweifelt überlegt, was er mit einem Handy soll.
Nur ich, ich werde mich freuen, denn der Spiegel ist wunderschön.
Allerdings - es ist schon ein wenig unromantisch, daß ich mir meine Geschenke selbst aussuchen muß.
Würde er mich wirklich lieben, könnte er sich in mich hineindenken und meine Wünsche
erahnen!
