[Previous entry: "Beauty FoodZwischen Lebensmittel und Kosmetika"] [zum aktuellen Eintrag] [Next entry: "7. International Queer Tango Festival Hamburg"]
06/02/2008 "Hintergrundinformation für die Verbraucher Warum wurde der Milchlieferstopp notwendig?"
Seit Dienstag, den 27. Mai 2008, nehmen zahllose Milchbauern aus ganz Deutschland am Milchlieferstopp teil, indem sie keine Milch mehr an die Molkereien liefern. Wir, die Milchviehbauern, bitten um Verständnis für Lieferprobleme an Milchprodukten und dafür, dass wir ein so wertvolles Nahrungsmittel wie die Milch der Verwertung entziehen. Aber wir wollen für Sie auch zukünftig einen hohen Standard der Milchviehhaltung sichern und das geht nur bei kostendeckenden Preisen. Die Milchbauern streben mit den Vertretern der Milch verarbeitenden Industrie Lösungen über Systeme der Mengenanpassung und Preisfindung an. Es wird von Seiten der Milchviehhalter eine Regelung vorgeschlagen, welche sich flexibel am Markt orientiert und so große Schwankungen des Preises verhindert. Davon profitieren die Milcherzeuger wie auch die Verbraucher. Mit freundlichen Grüßen Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V.
Hintergrundinformation für die Verbraucher
Warum wurde der Milchlieferstopp notwendig?
Der Milchlieferstopp steht am Ende einer nunmehr seit 4 Jahren andauernden Verhandlungsperiode zwischen dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und den Molkereien, die für die Milcherzeuger leider ergebnislos geblieben ist. Nach wie vor sind die Bauern bei der Preisfindung der Willkür der Molkerei ausgeliefert. Doch sind ein Systemwechsel und mehr Fairness bei der Preisfindung dringend notwendig, um die Existenz der bäuerlichen Milchviehhaltung zu sichern. Das momentane Erzeugerpreisniveau reicht zur Vollkostendeckung nicht aus. Seit Jahresbeginn sind die Milchpreise für die Produzenten um fast 30 % gefallen, während die Kosten für Energie, für Kraftfutter und Düngemittel zum Teil drastisch gestiegen sind. Gleichzeitig ist zu verzeichnen, dass die Differenz zwischen dem Erzeugerpreis und dem Verbraucherpreis bei Trinkmilch um 25 % gestiegen ist. Damit steht fest, dass der Lebensmitteleinzelhandel oder die Milchwirtschaft die Milchbauern schröpft. Die Molkereien nehmen meist auf der Basis langfristiger Milchlieferverträge die Milch der Bauern zunächst ohne Nennung der Auszahlungspreise ab und vergüten die Milchlieferung je nach Absprache mit dem Lebensmitteleinzelhandel. Das Agieren der Milcherzeuger am Markt wird durch diese Praxis unmöglich, da sie von den Molkereien über den Markt und insbesondere über Nachfrage- und Preisentwicklungen im Unklaren gelassen werden. Das Resultat ist Preisdumping bei Milchprodukten.
Viele Milchbauern sehen im Milchlieferstopp einen letzten Ausweg zur Sicherung ihrer Existenz. Denn die bäuerliche Milchviehhaltung ist in Gefahr. Es droht, wie in anderen Bereichen der Wirtschaft schon geschehen, die Bildung feudaler Strukturen. Es ist seit einiger Zeit zu beobachten, dass das Großkapital seine Macht über die Nahrungsmittelproduktion ausdehnen will, um durch die Schaffung von Abhängigkeiten der Bauern und der Verbraucher gleichermaßen, ähnlich wie beim Energie- und Kraftstoffmarkt, Monopolgewinne zu erzielen. Die ersten Tendenzen dieser Entwicklung sind bereits deutlich in dem Bestreben Patente an Pflanzen und Tieren zu erlangen, gentechnisch veränderte Pflanzen zu vertreiben usw. wahrzunehmen.
Auch oder vor allem im Interesse der Verbraucher sollte die bäuerlich geprägte Landwirtschaft und insbesondere eine flächendeckende Milchproduktion erhalten werden. Eine artgerechte Tierhaltung, die Sicherung qualitativ hochwertiger, natürlicher und bezahlbarer Nahrungsmittel mit regionalem Bezug wird nur durch die emotionale Bindung der Bauern zu ihrem Arbeitsplatz gewährleistet.
Jutta Weiß